Finanzämter verzeichnen 351 Millionen Euro Zinsminus
Archivmeldung vom 01.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIm vergangenen Jahr haben die Finanzämter mehr Erstattungszinsen an Steuerpflichtige gezahlt, als sie auf der anderen Seite Nachzahlungszinsen eingenommen haben. Unter dem Strich steht für 2020 ein Minus von 351 Millionen Euro, geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion hervor, über die die "Welt am Sonntag" berichtet.
Es ist bereits das zweite Jahr in Folge, dass der Staat durch die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen einen Verlust macht. Noch im Jahr 2017 stand ein Zinsgewinn von 367 Millionen Euro zu Buche, 2018 waren es plus 26 Millionen Euro, 2019 minus 553 Millionen Euro. Die Zahlen sind deshalb heikel, weil der Staat sich seit Langem mit Bürgern über die Höhe des gesetzlich festgelegten Zinssatzes streitet.
Dieser liegt seit 60 Jahren für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen bei 0,5 Prozent pro Monat - also bei sechs Prozent pro Jahr. Das ist angesichts der ausgeprägten Niedrigzinsphase an den Kapitalmärkten schon lange nicht mehr zeitgemäß, wenden Kritiker ein. "Der Wucher-Zins des Finanzamts wurde unter Bundeskanzler Adenauer eingeführt und gehört umgehend reformiert", sagte der Abgeordnete Markus Herbrand, Finanzexperte der FDP, der "Welt am Sonntag". Erneut abzuwarten - wie bei der Grundsteuer oder der Erbschaft- und Schenkungsteuer -, bis das Verfassungsger
icht eine klar erkennbar verfassungswidrige Regelung widerrufe, entspreche nicht dem Maßstab, dem der Gesetzgeber genügen sollte.
Dass in den Jahren 2019 und 2020 der Staat mehr Zinsen an die Bürger zahlte, als er umgekehrt einnahm, lässt sich mit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2018 erklären. Seit die dortigen Richter Zweifel äußerten, ob die sechs Prozent noch verfassungsgemäß sind, kann jeder Steuerzahler beantragen, dass die Vollziehung der Zinszahlung ausgesetzt wird. Er muss so lange keine Zinsen auf verspätete Steuerzahlungen überweisen, bis die Frage vom Bundesverfassungsgericht geklärt ist. Je nach Ausgang erhält der Staat nachträglich noch Geld. Wann die Entscheidung fällt, ist offen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur