Modell von Langzeitkonten bei DaimlerChrysler ist „mausetot“
Archivmeldung vom 01.12.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Modell von Langzeitkonten, das DaimlerChrysler vor vier Jahren zur Flexibilisierung der Arbeitszeit und zur Eindämmung unbezahlt verfallender Überstunden eingeführt hat, ist nach Angaben aus Betriebsratskreisen „mausetot“. Nach einem Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ wurden in den letzten Jahren im Daimler-Bereich Zentrale mit über 14 000 Beschäftigten nicht einmal 10 000 Stunden in Langzeitkonten gebucht – weniger als eine Stunde pro Arbeitnehmer.
Die Mitarbeiter können die
Zeitguthaben für Weiterbildung, Blockfreizeit oder einen früheren
Ruhestand nutzen. Daimler-Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm hält
Langzeitkonten Wir halten die Langzeitkonten immer noch für ein
taugliches Instrument, um den Verfall von geleisteter Arbeitszeit zu
begrenzen: „Leider machen nur wenige Bereiche im Unternehmen davon
Gebrauch. Es gibt allerdings auch einige Bereiche, die sich aus
Kostengründen bewusst weigern, die betriebliche Vereinbarung zu
Langzeitkonten anzuwenden.“ Der Vorstand wende offenbar auch keine
Kraft auf, um die Verantwortlichen von einer sinnvollen Nutzung zu
überzeugen. „Das ist bedauerlich, vor allem vor dem Hintergrund, dass
seinerzeit auch der Vorstand viel Applaus dafür erhalten hat.“ Ein
Unternehmenssprecherin sagte, das Modell Langzeitkonten werde sehr
wohl angeboten, nannte jedoch keine konkreten Zahlen. Das Modell habe
sicherlich noch Entwicklungsmöglichkeiten, räumte sie ein.
Unternehmen und Betriebsrat bei Daimler hatten die Einrichtung von
Langzeitkonten Ende 2001 auch vor dem Hintergrund vereinbart, dass
allein in der Zentrale nach Betriebsratsangaben bis zu 750 000
Überstunden jährlich unbezahlt verfielen. Inzwischen hat das
Bundesarbeitsgericht Daimler dazu verpflichtet, nachhaltig den
unbezahlten Verfall von Überstunden zu unterbinden. Gespräche
zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat darüber waren
zwischenzeitlich ins Stocken geraten, mittlerweile wird jedoch wieder
verhandelt. Seit Februar 2005 sind Langzeitkonten in
Baden-Württemberg auch auf Tarifebene geregelt – in Anlehnung an das
Daimler-Modell. Nach Angaben eines IG-Metall-Sprechers ist es für
eine Zwischenbilanz noch zu früh. Es gebe zwar schon einige
Unternehmen, die das Modell anwenden: „Es könnten aber ein paar mehr
sein.“
Quelle: Pressemitteilung Stuttgarter Nachrichten