Kabinett beschließt Schutz vor ausländischen Übernahmen
Archivmeldung vom 20.08.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDie Bundesregierung will deutsche Firmen vor ausländischen Investoren schützen - und hat sich ein Vetorecht geschaffen für den Fall, dass eine Übernahme die öffentliche Ordnung oder Sicherheit Deutschlands beeinträchtigt. Doch die Wirtschaft hält von diesem Vorhaben wenig.
Das Kabinett stimmte nach Angaben aus Regierungskreisen am Mittwoch einer entsprechenden Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) zu. Damit könnte die Regierung künftig das Engagement eines ausländischen Investors von mehr als 25 Prozent an einem deutschen Unternehmen untersagen.Voraussetzung für ihr Einschreiten soll sein, dass eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Deutschland durch den Beteiligungskauf gesehen wird. Verzichtet wurde auf eine Definition "strategisch wichtiger Industrien" in Deutschland, die geschützt werden sollen, wie anfänglich diskutiert worden war. Auch wird der Kreis der beobachteten Investoren nicht eingegrenzt, etwa auf Staatsfonds oder besonders renditeorientierte Hedgefonds.
Der verbreiteten Kritik der Wirtschaft an dem Vorhaben hatte die Regierung wiederholt entgegengehalten, sie werde nur in Ausnahmefällen von der neuen Eingriffsmöglichkeit Gebrauch machen. Deutschland verfolge weiter eine Politik offener Märkte.
Die Debatte über eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes war durch das Interesse des Staatsfonds Temasek aus Singapur an einer Übernahme der größten deutschen Reederei, Hapag-Lloyd, angeheizt worden.
Der Bundestag soll nach der Sommerpause über den erweiterten Übernahmeschutz beraten. Der Zustimmung des Bundesrates bedarf die Gesetzesnovelle nicht. Die Änderung soll am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft treten, die noch im Laufe dieses Jahres erfolgen könnte.
Über das Gesetzesvorhaben war mehr als ein Jahr diskutiert worden. Die Wirtschaft, aus deren Reihen anfangs selbst ein Übernahmeschutz strategisch wichtiger Branchen gefordert worden war, sieht die Gefahr, dass Deutschland damit Investoren aus dem Ausland verprellt. Ein solcher Anschein sei gerade für ein Land, das Exportweltmeister ist, gefährlich und erwecke den Anschein von Abschottungstendenzen.
So warnte der Bundesverband deutscher Banken (BdB) vor einem zu restriktiven Vorgehen gegen ausländische Investoren. "Wir dürfen nicht unterschätzen, wie die Debatte im Ausland wirkt", sagte BdB-Vorstand Manfred Weber der "Süddeutschen Zeitung". Er stelle immer wieder fest, dass es durch die Diskussionen über das Thema Irritationen gebe. Schließlich seien freie Kapitalmärkte ein zentraler Baustein des Wohlstands. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte mehrfach heftige Kritik an dem Reformvorhaben geübt.
Die Diskussion über mehr Übernahmeschutz hatte insbesondere Auftrieb durch Befürchtungen erhalten, dass Staatsfonds aus dem Ausland mit ihren riesigen finanziellen Ressourcen auch andere als wirtschaftliche Ziele verfolgen könnten.
Quelle:spiegel.de