Opel-Mutter GM will 47.000 Jobs streichen
Archivmeldung vom 18.02.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakGeneral Motors steht vor drastischen Einschnitten. Um eine Pleite abzuwenden, sollen massiv Stellen abgebaut werden. Von der US-Regierung fordert GM-Chef Rick Wagoner noch einmal über 16 Milliarden Dollar. Die Zukunft der Tochter Opel sei völlig offen.
Der US-Autobauer General Motors (GM) benötigt in seinem Überlebenskampf neue enorme Milliardenkredite und bringt die deutsche Tochter Opel immer mehr in Gefahr. In seinem der US-Regierung vorgelegten Sanierungsplan verlangt GM insgesamt bis zu 30 Milliarden Dollar (24 Mrd Euro). Das ist mehr als doppelt so viel wie der Konzern bisher bekommen hat. Die Zukunft der deutschen Tochter Opel ließ GM-Chef Rick Wagoner bei einer Pressekonferenz in Detroit offen. «Wir sind mittendrin, mit verschiedenen Seiten zu sprechen, darunter auch die deutsche Regierung», sagte er. GM höre sich alle Optionen an.
Der Sanierungsplan von GM sieht die Streichung von weltweit 47.000 weiteren Stellen binnen dieses Jahres vor, davon 26 000 außerhalb der USA. Außerdem sollen fünf US-Werke geschlossen werden. Die Marken Saab in Schweden sowie Hummer und Saturn in den USA stehen zum Verkauf. Bislang hatte GM rund 13,4 Milliarden Dollar zugesagt bekommen, nun fordert der Konzern bis zu weitere 16,6 Milliarden. Ein Insolvenzverfahren würde dagegen laut GM viel teurer werden und bis zu 100 Milliarden Dollar kosten.
Zu Spekulationen über eine Trennung von Opel sagte Wagoner, bisher sei niemand an GM wegen eines Verkaufs herangetreten. Die Diskussion um eine Herauslösung von Opel aus dem Konzern schlägt derzeit hohe Wellen. Zu möglichen Werkschließungen in Deutschland wollte sich Wagoner nicht äußern. Laut Medienberichten erwägt GM, die Opel-Fabriken in Bochum und im belgischen Antwerpen zu schließen und das Werk Eisenach zu verkaufen. Mit der Bundesregierung verhandelt Opel wegen der GM-Schieflage über eine Bürgschaft von bis zu 1,8 Milliarden Euro.
Nach der Bekanntgabe des Sanierungsplans für General Motors (GM) hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) Informationen über die Auswirkungen in Deutschland verlangt. «Es ist jetzt Aufgabe von Opel, zu sagen, wie langfristig das Zukunftskonzept aussieht», sagte Rüttgers am Dienstagabend während seiner USA-Reise bei einer Veranstaltung in der deutschen Botschaft in Washington. «Wir haben gesagt, wir sind bereit zu helfen, aber das geht nur, wenn man weiß, wohin die Reise geht», betonte Rüttgers.
Rüttgers will am Mittwochnachmittag mit Wagoner in Detroit zu einem Treffen hinter verschlossenen Türen zusammenkommen. «Ich bin sehr froh darüber, dass wir dann darüber reden können, was das (Sanierungskonzept) für die einzelnen Standorte heißt», sagte der CDU-Politiker. Es müsse so schnell wie möglich Klarheit für die Opel- Mitarbeiter geschaffen werden. Er werde in dem Gespräch intensiv dafür werben, alle deutschen Standorte zu erhalten, sagte Rüttgers. Er erklärte, dass er in Abstimmung mit der Bundesregierung und den Länderkollegen mit Opel-Standorten (Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz) mit Wagoner spreche.
In den deutschen Opel-Werken geht derweil die Angst um. Betriebsratschef Klaus Franz warnte in einem Schreiben vor «Massen-Entlassungen» und warf GM vor, «verbrannte Erde zu hinterlassen». Opel produziert in Deutschland an vier Standorten. Am Stammsitz Rüsselsheim sind 18.300 Mitarbeiter beschäftigt. Hier befinden sich die Zentrale, das internationale Entwicklungszentrum und ein neu errichtetes Werk mit einer Jahreskapazität von 270.000 Einheiten. Im Werk Bochum stellen etwa 5300 Beschäftigte die Modelle Astra und Zafira her. In Eisenach fertigen 1900 Opelaner den Corsa, in Kaiserslautern bauen rund 3500 Mitarbeiter vor allem Motoren.
Neben GM benötigt auch Wettbewerber Chrysler neue Milliardenhilfen von der Regierung, um die Zukunft des Konzerns zu sichern. Chrysler will über die bisherigen vier Milliarden Dollar hinaus weitere fünf Milliarden Dollar haben. Der zweitgrößte US-Autobauer Ford will trotz Milliardenverlusten ohne Staatsgelder auskommen.
Chrysler hatte am Dienstag kurz vor GM ebenfalls einen Sanierungsplan vorgelegt. Der Konzern will 3000 Stellen einsparen und die Modellreihen PT Cruiser, Aspen und Durango aufgeben. Die Fixkosten sollen 2009 um 700 Millionen Dollar gesenkt, die Fertigungskapazität um 100.000 Autos verringert werden. Chrysler gehört überwiegend dem US-Finanzinvestor Cerberus. Knapp 20 Prozent hält noch der deutsche Daimler-Konzern, der sich von dem Anteil aber so schnell wie möglich trennen will.
Die drastischen Kostensenkungen sollen die Sanierung der Konzerne ermöglichen und diese in die Lage versetzen, die staatlichen Kredite zurückzuzahlen. Dies soll bei General Motors ab 2012 beginnen und bis 2017 abgeschlossen sein. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) teilte mit, sie habe ein vorläufige Abkommen mit GM, Chrysler und Ford über die Änderung von Tarifverträgen erzielt. Die Verhandlungen über die Altersversorgung dauern weiter an. Geplant ist die Einrichtung eines Fonds, der ab 2010 die Verpflichtungen der Automobilunternehmen in der Altersversorgung übernehmen soll.
Die US-Regierung verlangte nach Vorlage der Sanierungskonzepte von allen beteiligten Parteien - Gläubigern, Zulieferern, Händlern, Gewerkschaften und Management - ein weiteres Entgegenkommen. Die Regierung werde die Pläne über die nächsten Tage genau prüfen. Sie schließe allerdings eine Insolvenz der beiden Automobilkonzerne nicht aus, wie der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, mitteilte.
Die Regierung werde zunächst die vorgelegten Sanierungspläne prüfen, sagte Gibbs. Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sagte in Washington, sie hoffe, mit der Vorlage der Sanierungspläne gebe es jetzt eine Grundlage für die Erneuerung der Branche. Der Kongress werde mit der Regierung eng zusammenarbeiten, um die Wettbewerbsfähigkeit der Automobilhersteller wiederherzustellen, dabei aber die Verantwortung gegenüber den Steuerzahlern nicht aus dem Auge zu verlieren.