Finanzfalle: Ungarn stoppt Fremdwährungskredite
Archivmeldung vom 08.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie ungarische Regierung hat auf den Höhenflug des Schweizer Franken reagiert und die Vergabe von Fremdwährungskrediten per Verordnung untersagt. Die starke Währung hat sich zur Finanzfalle für die Schuldner entwickelt. Viele Kreditnehmer können Raten und Zinsforderungen nicht mehr bedienen. Besonders bei Immobiliendarlehen mehrt sich daher die Zahl fauler Kredite. Betroffen sind zwar auch Anleihen in anderen Währungen wie dem Euro. Gerade in starken Schweizer Franken wurden jedoch Hunderttausende Hypotheken aufgenommen.
"Die Extremniveaus von Franken und Forint belasten diejenigen, die bereits Fremdwährungskredite aufgenommen haben, immens", sagt Ulrich Leuchtmann, Senior Strategist der Commerzbank, gegenüber pressetext. Die aktuelle Forint-Schwäche resultiere aus einer starken Risiko-Aversion sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene. Dagegen sei die zunehmende Franken-Stärke auf den Stopp der Schweizer Nationalbank (SNB) zurückzuführen, gegen seine Aufwertung zu intervenieren.
"Die
SNB schätzt die Inflationsgefahr mittlerweile geringer ein als früher.
Der Markt ist jedoch verunsichert. Das wird sich erst mit der Zeit
legen", meint Leuchtmann. Der Höhenflug des Franken könne sich daher
fortsetzen. Mit einer Gegenbewegung sei frühestens gegen Jahresende zu
rechnen. Bereits gegen Ende des Vorjahres hatte die ungarische Notenbank
die Aufnahme von Fremdwährungskrediten eingeschränkt. Zuletzt haben die
Österreichische Nationalbank und Finanzmarktaufsicht die stark im Osten
vertretenen österreichischen Banken dazu aufgefordert, von einer
Vergabe abzusehen.
Zwangsräumungen verboten
Nun hat die ungarische Regierung Maßnahmen gegen die steigende Zahl fauler Fremdwährungsdarlehen ergriffen. Seit 1. Juli dürfen Banken in Ungarn "nur mehr Kredite in der Landeswährung Forint vergeben", schreibt der Tagesanzeiger. Darüber hinaus sollen die Institute freiwillig niedrigere Zinsen anbieten. Zwangsräumungen und Versteigerungen verpfändeter Wohnungen seien mittlerweile per Moratorium verboten und ein neuer Staatsfonds soll faule Hypothekenkredite aufkaufen und die Möglichkeit zur Umschuldung in Forint geben.
Gegenüber dem Forint hat sich die Schweizer Währung seit Jahresbeginn stark verteuert. Ein Franken kostete zu dem Zeitpunkt rund 180 Forint. Heute bewegt er sich zwischen 215 und 220 Forint. Vor wenigen Jahren, als viele Kredite in Franken aufgenommen wurden, war der Kurs mit rund 150 Forint noch günstiger bewertet. In fremden Währungen wurden in den vergangenen Jahren laut ungarischer Nationalbank 63 Prozent der Hypothekenkredite aufgenommen, der Großteil davon in Franken. Mit ihren Rückzahlungen hinken mittlerweile Hunderttausende Schuldner hinterher.
Quelle: pressetext.schweiz Manuel Haglmüller