Siemens machte Beschuldigten zum Chef-Aufklärer
Archivmeldung vom 02.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Woche nach den ersten Hausdurchsuchungen im November vergangenen Jahres hat die Siemens AG den Leiter ihrer Anti-Korruptionsabteilung Dr. Albrecht Schäfer zum Chef einer Compliance Task Force gemacht, obwohl er zu jenem Zeitpunkt von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt wurde.
Wie das Hamburger
Magazin stern in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe
berichtet, war Schäfer am 17. November 2006 von der
Staatsanwaltschaft München I als Beschuldigter eingetragen worden,
nachdem er in Vernehmungen eines verhafteten Siemens-Mitarbeiters als
Mitwisser und Vertuscher belastet worden war. Trotzdem teilte Siemens
am 23. November in einer Pressemitteilung seine Ernennung zum Chef
der Compliance Task Force mit, die für die verschärfte Einhaltung der
Anti-Korruptions-Regeln sorgen sollte.
Offenbar hatte man sich zu diesem Schritt von der Politik ermutigt
gefühlt, denn am 22. November war Albrecht Schäfer zusammen mit
Siemens-Anwalt Eckhart Müller im Münchner Justizministerium
vorstellig geworden. Dort wurden sie vom Amtschef persönlich
empfangen. "Die Fa. Siemens wollte ihre Bereitschaft zur
Unterstützung im Siemens-Ermittlungsverfahren bekunden", nannte das
Bayerische Justizministerium dem stern als offiziellen Grund des
Treffens. Für das Ministerium sei "der Beschuldigtenstatus des Herrn
Dr. Schäfer kein Thema" gewesen, dies habe man "zu Beginn des
Gesprächs ausdrücklich erklärt".
Zwei Wochen später, am 8. Dezember, stellte die Staatsanwaltschaft
die Ermittlungen gegen Albrecht Schäfer wieder ein. Laut Bayerischem
Justizministerium sei "der Tatvorwurf" vom "Hauptkomplex des
Verfahrens abtrennbar" gewesen und habe sich "nicht bestätigt".
Trotzdem wurde Albrecht Schäfer Ende Dezember als Leiter der
Anti-Korruptionsabteilung und Task Force Chef abgelöst. Amerikanische
Anwälte und Korruptions-Fachleute, die zur Zeit bei Siemens intern an
der Aufarbeitung der Affäre arbeiten, hatten entsprechenden Druck
gemacht. Laut einem Insider, der im stern zitiert wird, befürchten
die Amerikaner, dass "die Aufklärung unter politischen
Gesichtspunkten begrenzt wird."
Quelle: Pressemitteilung stern