Ukraine: Zwischen Improvisieren und Modernisieren Wirtschaftslage ein Jahr nach Kriegsbeginn weiterhin kritisch
Archivmeldung vom 23.02.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithDas Bruttoinlandsprodukt der Ukraine ist 2022 real um ein Drittel geschrumpft und entspricht nun der Wirtschaftsleistung eines Bundeslands wie Sachsen. Durch die russischen Luftangriffe auf Energieanlagen kann die Energienachfrage nicht mehr bedient werden, die Stromausfälle sind derzeit für 80 Prozent der Unternehmen die größte Herausforderung. Sorgen bereiten außerdem die hohen Preise für Vorprodukte, die erschwerte Logistik und die tägliche Gefahr durch Raketeneinschläge. Und trotzdem wird weiter produziert sowie ex- und importiert:
"Der ukrainische Warenaustausch ist im vergangenen Jahr um knapp 30 Prozent geschrumpft. Der Rückgang war allerdings geringer als nach der globalen Finanzkrise 2009. Und im Gegensatz zum umkämpften Osten ist der Westen der Ukraine relativ sicher, viele Unternehmen verlagern ihre Geschäfte dorthin und produzieren weiter, wenn auch unter erschwerten Bedingungen", erklärt Gerit Schulze, Ukraine-Experte von Germany Trade & Invest (GTAI). Schulze weiter: "Beeindruckend ist, wie flexibel sie sich der Lage im Land anpassen. Sie ändern wegen der Stromabschaltungen ihre Produktionsabläufe und Schichtzeiten und haben schnell Notstromaggregate beschafft."
Die Regierung wiederum setzt auf grundsätzliche Reformen, damit die Ukraine möglichst bald die Beitrittsverhandlungen mit der EU beginnen kann. Mit einem neuen Mediengesetz und der Verabschiedung einer Antikorruptionsstrategie sollen zwei von Brüssel geforderte Vorbedingungen erfüllt werden. Doch zahlreiche weitere Punkte sind noch offen. Gleichzeitig schreitet die Integration mit der EU voran. Unter anderem beteiligt sich die Ukraine an EU-Programmen für Forschung, integriert sich in den Binnenmarkt und kooperiert bei der Zollverwaltung und Normung.
Die deutsche Wirtschaft bekennt sich weiterhin zum ukrainischen Markt. Bei der jüngsten Fachmesse "Rebuild Ukraine" in Warschau präsentierten 56 Aussteller am deutschen Gemeinschaftsstand Technologien für den Wiederaufbau des Landes: "Auch wenn das Geschäft nach Ausbruch des Krieges stark zurückgegangen ist, glauben die Firmen offensichtlich an die Zukunft des Marktes. Einige Unternehmen haben sogar Pläne für Neuinvestitionen in der Ukraine. Und die Bundesregierung unterstützt das Engagement mit Investitionsgarantien und Exportkreditgarantien", erklärt Schulze weiter.
Nach ukrainischen Angaben kostet der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg rund 750 Milliarden Euro. Ein Schwerpunkt soll auf Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und ökologischen Umbau der Wirtschaft liegen. Deutschland könnte dafür ein wichtiger Partner werden.
Quelle: Germany Trade & Invest (ots)