Altkanzler Schröder warnt vor Revolte wegen zu hoher Strompreise
Archivmeldung vom 01.02.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAltbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat vor gesellschaftlichen Verwerfungen gewarnt, wenn Politik und Wirtschaft die Kosten der Energiewende für die Verbraucher nicht in den Griff bekommen. "Strom muss bezahlbar bleiben", zitiert die "Bild-Zeitung" Schröders Buch "Klare Worte", das Mitte Februar erscheint. Die Förderung erneuerbarer Energien über den Strompreis werde dazu führen, "dass die Verbraucher, insbesondere die am unteren Ende der Einkommensskala, irgendwann revoltieren und sagen: ,Wir können uns das nicht mehr leisten." Deshalb sei es notwendig, "dass man die Höhe der EEG-Umlage genau prüfen muss.
Das EEG war ein epochales Gesetz, übrigens vielfach kopiert in anderen Ländern. Heute ist die Frage: Wie groß ist der Subventionsbedarf noch, wann sind die erneuerbaren Energien marktreif? Ist dieser Punkt erreicht, dann müssen sie sich am Markt bewähren. Daraus sollte keine Dauersubvention werden."
Er rechne damit, so Schröder weiter, "dass bis zum Jahr 2022 nicht alle Kernkraftwerke abgeschaltet sind. Bis dahin sind es ja weniger als zehn Jahre. Nach meinem Eindruck wird die völlige Umstellung so schnell nicht gelingen; Verbraucher wie Industrie werden revoltieren und die Politik unter Druck setzen, den Termin schon aus Kostengründen nach hinten zu schieben." Er selbst habe "immer die Auffassung vertreten, dass die ursprünglichen Zeiträume, für die wir im Jahr 2000 den Atomausstieg verhandelt hatten, also 32 Jahre, sinnvoll sind." Nach der Atomkatastrophe in Japan 2011 habe er "Frau Merkels Aktionismus nicht verstanden. Warum hatte sie nicht die Größe, nach Fukushima zu sagen: Wir gehen zum unter Rot-Grün ausgehandelten Energiekonsens zurück. Kein Energieversorger hätte klagen können. Sie haben ja alle unterschrieben. Und in den Zeiträumen, die wir mit den Energieversorgern ausgehandelt hatten, hätten sowohl die Netze hergestellt als auch Alternativen zur Kernkraft weiter aufgebaut werden können."
Für Deutschlands Industrie sei die Energiepolitik die "Schlüsselfrage"der Zukunft, die auch über Arbeitsplätze entscheide, so Schröder in seinem in "Bild" zitierten Buch: "Erste deutsche Firmen beginnen jetzt ihre Investitionsentscheidungen zu überdenken. Wenn zum Beispiel ein großer Chemiekonzern den Bau von drei Fabriken in den USA plant, tut er das nicht, weil ihm Deutschland gleichgültig wäre, sondern weil er im beinharten internationalen Wettbewerb mithalten muss. In der Konsequenz bedeutet das aber natürlich hierzulande den Verlust von Arbeitsplätzen. Hier muss die Politik gegenhalten.
Von daher halte ich eine Erprobung von Fracking für vernünftig, wobei ich nicht glaube, dass Schiefergas in Westeuropa eine überragende Rolle einnehmen wird." Deutschland habe in den letzten Jahren "versäumt, angemessen auf seine sichere Rohstoffversorgung zu achten", so Schröder: "Zu lange hat man darauf gesetzt, dass das privatwirtschaftlich geregelt wird. Man hat noch nicht hinreichend verstanden, dass es eine Rohstoffpolitik des Staates geben muss. Gerade bei den wichtigen Rohstoffen brauchen wir Russland, aber auch Kasachstan."
Quelle: dts Nachrichtenagentur