Teuerungsrate bei bis zu 5,4 Prozent
Archivmeldung vom 12.07.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakGeahnt haben es alle, nun ist es amtlich. Die offizielle Teurungsrate von 3,3 Prozent ist viel zu niedrig angesetzt. Vor allem Familien und Geringverdiener müssen deutlich höhere Mehrkosten verkraften.
Die hohe Inflation belastet Geringverdiener in Deutschland stärker als
bislang angenommen. Das geht aus dem sogenannten Index der
Inflationsbelastung hervor, den der Freiburger Statistikprofessor Hans
Wolfgang Brachinger für die „Welt am Sonntag“ errechnete. Demnach liegt
die Teuerungsrate für Geringverdiener mit einem monatlichen
Nettoeinkommen bis zu 1700 Euro bei insgesamt 5,4 Prozent und damit 2,1
Prozentpunkte über der offiziellen Teuerungsrate von zuletzt 3,3
Prozent. In diesem Ausmaß betroffen sind dem Bericht zufolge rund ein
Drittel der Haushalte in Deutschland.
Selbst Haushalte mit einem mittleren Einkommen von 3600 bis 5000 Euro
leiden laut Brachinger mit einer Teuerungsrate von 4,5 Prozent deutlich
stärker unter den hohen Preisen, als aus der amtlichen Statistik
hervorgehe.
Arme tragen die größte Last
Gut kommen
demnach lediglich die Topverdiener mit einem Monatsnetto ab 10 000 Euro
davon. Ihre Inflationsbelastung liege bei nur 2,4 Prozent und damit
ganze drei Prozentpunkte niedriger als die Inflationslast, die die
Ärmsten im Land bewältigen müssten.
„Es ist frappierend, wie
stark die Inflationsschere zwischen armen und reichen Haushalten in
Deutschland auseinanderläuft. Das birgt großen sozialpolitischen
Sprengsatz“, sagte Brachinger. Die hohe Teuerung spalte die
Gesellschaft. Der Experte führt die unterschiedlich hohe
Inflationsbelastung darauf zurück, dass gerade Geringverdiener einen
deutlich größeren Anteil ihres Budgets für Produkte des täglichen
Bedarfs ausgeben müssen. Die Teuerung für diese sogenannten
kaufhäufigen Güter sei allein in den vergangenen zwölf Monaten um über
sechs Prozent gestiegen.
Leidgeprüfte Familien
„Besonders Familien mit niedrigem
Einkommen und mehreren Kindern bleibt angesichts der Preisspirale nach
oben gar nichts anderes übrig, als ihr gesamtes Geld für die teure
Lebenshaltung auszugeben“, sagte Brachinger. Ihr finanzieller Spielraum
werde dadurch immer kleiner, und ihr Reallohn sinke stärker als bisher
angenommen. Dem Forscher zufolge lag die Teuerungslast für eine Familie
mit zwei Kindern und einem Monatsnettoeinkommen von 2000 bis 2600 Euro
bei 5,4 Prozent und damit in derselben Größenordnung wie die
Inflationslast der absoluten Geringverdiener im Land.