Steuerberater verteidigt Zumwinkel
Archivmeldung vom 16.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Hagener Steuerberater und Steuerstrafverteidiger Jürgen Ortmüller äußerte seine Zweifel, ob dem Post-Chef Zumwinkel und Lichtenstein-Anlegern überhaupt ein möglicher Tatbestand der Steuerhinterziehung bewusst gewesen sei.
Ortmüller: "Manager haben nach einem 16-Stunden-Tag kaum noch Zeit, sich über ihre eigenen steuerlichen Angelegenheiten zu kümmern, geschweige denn nachzuvollziehen, was Berater ihnen zumuten. Die immer kompliziertere Steuergesetzgebung der Bundesregierung verführt Banken und Berater ihren Kunden Angebote zu machen, aus deren Haftung sie sich allerdings heraus halten."
"Es kommt kaum einer auf die Idee, komplizierte Steuersparmodelle selbst zu arrangieren", so Ortmüller. Der Steuerberater empfiehlt vor Abschluss einer Auslands-Kapitalanlage über den Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eine verbindliche Auskunft der zuständigen Finanzbehörde einholen zu lassen. Es sei selbstverständlich, sämtliche Kapitalerträge in der Steuererklärung anzugeben.
Als Steuerstrafverteidiger warnt der Finanzexperte vor einer öffentlichen Vorverurteilung der Verdächtigen. "Hier wird mit dem Knüppel auf die Falschen eingedroschen. Selbstverständlich haben Manager und Großverdiener eine moralische Vorbild-Verpflichtung aufgrund ihrer Öffentlichkeitsposition. Aber der Gesetzgeber sollte auch diejenigen in die strafrechtliche Verantwortung nehmen, die ungeprüft dubiose Anlagemöglichkeiten empfehlen. Der Steuerzahler ist mit dem aktuellen System völlig überfordert und muss sich auf seine Berater aber auch auf seine empfehlende Bank verlassen können", meint Ortmüller.
Den Betroffenen empfiehlt er, vorsorglich eine strafbefreiende Selbstanzeige über den Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt zu stellen, obwohl er meint, dass gerade dies von der Staatsanwaltschaft durch die intensive Öffentlichkeitsarbeit provoziert werden soll, da es nicht genügend Ermittler gäbe, um kurzfristig gegen alle Verdächtigen zu ermitteln. Ein Anfangsverdacht müsse aber immer auch begründet und bewiesen werden.
Dem Bundesnachrichtendienst
wirft Ortmüller eine mögliche Verletzung des Steuergeheimnisses vor:
"Der BND darf von sich aus nicht ermitteln. Wenn hier Daten in Kenntnis
gelangt sind und an die Staatsanwaltschaft weiter gegeben wurden,
besteht der Verdacht der Verletzung des Steuergeheimnisses, was genauso
schwer wiegen würde wie die Steuerhinterziehung selbst."
Quelle: Journal Society GmbH