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KfW-Konjunkturkompass Frühling: Erholung mit angezogener Handbremse

Archivmeldung vom 25.05.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.05.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
KfW Research
KfW Research

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Nach einer technischen Rezession im Winterhalbjahr dürfte die Wirtschaft ab dem laufenden zweiten Quartal 2023 auf einen flachen Wachstumspfad einschwenken. Treiber sind zunächst vor allem Nachholeffekte bei der Industrieproduktion und Zuwächse bei unternehmensnahen Dienstleistern, bevor eine moderate Erholung des privaten Konsums mit positiven Effekten für konsumnahe Dienstleistungsbereiche hinzukommt. Für das Gesamtjahr 2023 erwartet KfW Research mit -0,3 % praktisch eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegenüber dem Vorjahr, da 0,2 Prozentpunkte dieses Rückgangs allein auf die geringere Anzahl an Arbeitstagen im Vergleich zum Vorjahr zurückzuführen sind (Kalendereffekt). Im Jahr 2024 dürfte die Wirtschaftsleistung um 1,0 % zulegen. KfW Research bestätigt damit seine Vorprognose vom Februar.

"Deutschland erlebt eine Konjunkturerholung mit angezogener Handbremse", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Nachlassende Angebotsschocks und anziehendes Lohnwachstum stützen die Konjunktur, während die Geldpolitik angesichts des breiten Inflationsdrucks weiter bremst. Unterm Strich dürfte im Jahr 2023 praktisch eine Stagnation der Wirtschaftsleistung stehen, für 2024 erwarte ich ein Wachstum von rund 1 %. Die heute von Destatis vorgenommene Abwärtsrevision auf -0,3 % gegenüber der Schnellschätzung einer im Vorquartalsvergleich stagnierenden Wirtschaft zu Jahresbeginn entsprach unserer ursprünglichen Erwartung in der Februarprognose. Da sich auch der Ausblick und die fundamentalen Konjunkturtreiber seither kaum verändert haben, ist die Bestätigung unserer Vorprognose nur konsequent."

Material- und Lieferengpässe hatten sich schon im Laufe des vergangenen Jahres weltweit deutlich entspannt und schränken mit etwas Verspätung auch die Produktion der Unternehmen in Deutschland immer weniger ein. Konjunkturstützend wirken auch die aktuellen Energiepreise im Großhandel, insbesondere für Erdgas, die inzwischen deutlich unter den Werten von 2022 liegen. Als Konsequenz expandiert die Produktion in ehemals materialbeschränkten Branchen wie dem Autobau schon länger kräftig und auch die Produktion in den besonders energieintensiven Bereichen wie der Grundstoffchemie erholt sich seit dem Jahreswechsel. Ebenfalls positiv auf die Wirtschaftsleistung wirkt das anziehende Lohnwachstum, das den privaten Konsum im Jahresverlauf stabilisiert. Gegenläufige Wirkungen für die Konjunktur kommen von der Geldpolitik. Obwohl die EZB in diesem Sommer den Hochpunkt ihres Zinszyklus erreichen dürfte, nimmt die konjunkturelle Bremswirkung der 2022 begonnenen geldpolitischen Straffung im Euroraum noch zu: Sie zeigte sich zuerst in der schon im vergangenen Jahr deutlich rückläufigen Bauaktivität. Neben einer massiv geschrumpften Kreditnachfrage der privaten Haushalte berichten Banken inzwischen aber auch von einer deutlich schwächeren Kreditnachfrage der Unternehmen. Die konjunkturelle Bremswirkung dürfte in diesem Jahr ihren Hochpunkt erreichen und auch 2024 noch erheblich sein.

Mit den größten preisdämpfenden Effekten der Geldpolitik ist erst 2024 und 2025 zu rechnen. Allerdings schlagen sich die nachlassenden Angebotsengpässe inzwischen auch in der Verbraucherpreisinflation nieder, die laut dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von 11,6 % im vergangenen Oktober auf 7,6 % im April gesunken ist. Vor allem die Inflationsbeiträge der Energie sind schon in den letzten Monaten deutlich zurückgegangen und werden im Jahresverlauf voraussichtlich negativ. Stark nachlassende Erzeugerpreise und Absatzpreiserwartungen sind außerdem Vorboten für eine in naher Zukunft rückläufige Inflation bei den Industriegüterkomponenten im Warenkorb. Die Bedeutung der Löhne als Inflationstreiber dürfte dagegen zunehmen, aber durch rückläufige Profitmargen teilweise kompensiert werden. KfW Research rechnet angesichts dessen mit einer Fortsetzung des Abwärtstrends bei den monatlich gemeldeten Inflationsraten. In diesem Jahr wird die Gesamtinflation mit voraussichtlich 6,3 % in Deutschland noch sehr hoch sein, bevor sie 2024 auf 2,4 % zurückgeht. Die Kerninflation ohne Energie- und Lebensmittel dürfte 2024 etwas höher als die Gesamtrate ausfallen.

Für die Eurozone rechnet KfW Research für 2023 mit einem Wachstum von 0,8 %, wobei bei einem ähnlichen Ausblick auf die nächsten Quartale der Großteil des Wachstumsvorsprungs gegenüber Deutschland auf den größeren Schwung aus dem Vorjahr (statistischer Überhang) zurückgeht. Im Jahr 2024 dürfte der Euroraum mit 1,1 % die gleiche Wachstumsdynamik aufweisen wie Deutschland. Die Inflationsrate der Eurozone dürfte im Durchschnitt des laufenden Jahres bei 5,7 % liegen. Im nächsten Jahr dürfte sie mit 2,2 % in die Nähe des Inflationsziels der EZB zurückkehren.

Der klimapolitische Handlungsdruck bleibt hoch. Nach dem von KfW Research mit der Herbstprognose 2022 neu eingeführten Indikator für Deutschland, dem Ökologischen Preisschild für das BIP, impliziert die aktuelle Konjunkturprognose von -0,3% im Jahr 2023 und +1,0% 2024, dass der Ausstoß von Treibhausgasen im laufenden und dem kommenden Jahr um rund 5 beziehungsweise 6 % höher sein wird, als es dem interpolierten Zielpfad einer Einsparung von 65 % bis 2030 gegenüber dem Niveau von 1990 entspricht.

Quelle: KfW (ots)

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