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Bei EZB-Zinserhöhung drohen zusätzliche Belastungen für den Bundeshaushalt

Archivmeldung vom 07.11.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.11.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) wird immer wahrscheinlicher. Für den Bundeshaushalt würde das aber zusätzliche Belastungen bedeuten, die bei den bisherigen Verhandlungen von Union und SPD noch nicht berücksichtigt wurden

.  Ludwig Stiegler, Vize der SPD-Fraktion und dort für Wirtschaft zuständig, warnt deshalb, höhere Zinsen "würden eine wachstumsorientierte Politik und das Erreichen des Maastricht-Ziels erschweren". Eine mögliche Zinsanhebung sei zwar Thema bei den laufenden Koalitionsverhandlungen, man habe diese aber noch nicht in die Kalkulationen einbezogen, sagte Stiegler dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Man kann nicht mit etwas arbeiten, was es noch nicht gibt. Wir müssen zunächst auf Sicht fahren." Union und SPD hatten zuletzt angekündigt, alles zu versuchen, das Limit von drei Prozent bei der Neuverschuldung im Haushalt 2007 wieder einzuhalten.

"Das war auch als Zeichen an die EZB gedacht: Ihr braucht nicht an der Zinsschraube zu drehen, wir erreichen unser Ziel", sagte Stiegler. Der SPD-Wirtschaftsexperte sagte: "Wir haben immer noch ein zu hohes Zinsniveau." Man könne nicht behaupten, dass die Wirtschaft in Europa zu stark wachse. "Gerade jetzt, wo die Investitionen wieder anspringen, darf nicht dazwischengefunkt werden." Davon abgesehen seien die Inflationssorgen der Zentralbank überzogen, sagte Stiegler. "Die EZB muss einfach Geduld haben, bis der Schock durch die stark steigenden Energiepreise abebbt." Auch Paul de Grauwe, Professor für die EU-Währungsunion an der Uni Leuven und 2003 Kandidat für die EZB-Spitze, sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", seiner Meinung nach sei es noch zu früh für eine Zinserhöhung.
"Das noch schwache Wirtschaftswachstum könnte so wieder abgewürgt werden." Außerdem müsse die EZB genauso wie die US-Notenbank bei ihren Entscheidungen stärker auf die Konjunktur achten. De Grauwe sagte: "Es geht darum, mehr Risikobereitschaft zu zeigen." Wichtig sei dabei die Psychologie, denn der Automatismus zwischen Zinssenkungen auf der einen Seite und mehr Konsum und Investitionen auf der anderen Seite funktioniere nicht immer. "Wenn Menschen und Unternehmen pessimistisch sind, dann geben sie das Geld nicht aus, auch wenn Kredite billiger werden", sagte de Grauwe. Derzeit habe Europa aus seiner Sicht den richtigen Zinssatz. Trotzdem sei das Wachstum "nicht richtig in Schwung gekommen".

Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel

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