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Ökonom Felbermayr sieht WTO-Entscheid zu Patentfreigabe entspannt

Archivmeldung vom 17.06.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.06.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Gabriel Felbermayr (2018), Archivbild
Gabriel Felbermayr (2018), Archivbild

Bild: Eigenes Werk /OTT

Der Handelsexperte Gabriel Felbermayr sieht die Beschlüsse der WTO zur Aussetzung des Patentschutzes für Covid-19-Impfstoffe nicht so kritisch wie die Pharmaindustrie. Die Entscheidung komme so spät, dass sie faktisch kaum mehr wirkliche Auswirkungen haben dürfte, weil die Versorgung der Welt mit Covid-19 Impfstoffen mittlerweile doch deutlich besser sei als vor 18 Monaten, als Indien und Südafrika die Aussetzung des Patentschutzes erstmals gefordert hätten, sagte Felbermayr der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

"Diese Verzögerung ist insofern gar nicht so schlecht, weil die Erfinder der Wirkstoffe in den letzten 18 Monaten hohe Gewinne gemacht haben, die die Entwicklungskosten der ganzen Branche abdecken dürften. Damit ist aus dieser Entscheidung heraus nicht zu befürchten, dass die Anreize, neue Impfstoffe oder andere forschungsintensive Medizinprodukte zu entwickeln, Schaden nehmen", sagte der Ökonom, der das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung in Wien führt. Dass sich die WTO überhaupt auf mehrere Abkommen einigen konnte, bewertete Felbermayr positiv.

"Die Organisation lebt." Aber die Vorschläge seien teilweise verwässert worden. "Im Agrarbereich konnte die WTO überhaupt nicht liefern. Angesichts der drohenden Engpässe in der weltweiten Lebensmittelversorgung und des bereits stark zunehmenden Agrarprotektionismus etwa in Form von Exportverboten oder -beschränkungen, ist dies sehr bedauerlich." Dass es nach immerhin 21 Jahre dauernden Verhandlungen ein multilaterales Abkommen zur Fischerei gebe, mit einem Verbot des Fischens in überfischten Gewässern und der Bekämpfung der illegalen Fischerei, sei für die WTO ganz wichtig. Auf die Frage, was die WTO nun als Nächstes angehen sollte, antwortete Felbermayr: "Es muss mehr passieren, um den Welthandel zu ökologisieren." Dazu brauche es multilaterale Regeln, sonst könnten nationale oder regionale Alleingänge, etwa mit Klimazöllen, das Welthandelssystem beschädigen.

"Die internationale Arbeitsteilung kann die Transformation entscheidend kosteneffizienter machen, aber dazu darf es nicht zu neuem Protektionismus kommen. Ganz zentral wäre, im internationalen Transport Kostenwahrheit herzustellen, indem die CO2-Emissionen von Schiffen, Flugzeuge oder Lastwägen einer Bepreisung unterworfen werden." Die Arbeit der WTO-Chefin Okonjo-Iweala, die seit gut einem Jahr im Amt ist, beurteilte Felbermayr positiv: "Die Generaldirektorin hat einen fast unmöglichen Job übernommen, der durch den Krieg Russlands, eines großen Mitglieds der WTO, in der Ukraine noch schwieriger wurde." Insofern sei der Erfolg in Genf auch ein Erfolg von Okonjo-Iweala. "Sie scheint in den wichtigsten Punkten beim Brückenbau zwischen Entwicklungsländern und reichen Staaten entscheidend mitgeholfen zu haben. Sie ist in der Lage, Kompromisse zu moderieren, natürlich zum Preis deutlich ausgedünnter Beschlüsse. Irgendwie erinnert sie mich dabei an die Rolle von Angela Merkel in der EU."

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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