BGA: Handel profitiert von gegenwärtiger Wachstumsdynamik - Aufschwung reißt 2007 ab
Archivmeldung vom 15.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Das erste Halbjahr 2006 hat der Stimmung in Deutschland gut getan. Nicht nur im Fußball. Auch die Wirtschaft zeigte sich zuversichtlicher. Dies hatte seinen Grund: Nachdem Deutschland über drei Jahre lang wie kein anderes Land von einer dynamischen Außenwirtschaft profitiert hat mit einem Außenhandelsüberschuss von insgesamt 447 Milliarden Euro, ist der Aufschwung endlich auch in der Binnenwirtschaft angekommen."
Dies
erklärt Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen
Groß- und Außenhandels (BGA), bei der Vorstellung der Ergebnisse des
BGA-Großhandels-Indikators sowie seiner jüngsten
Unternehmensbefragung.
Der BGA-Großhandelsklima-Indikator, ein Maßstab für die im Lande
herrschende Wachstumsdynamik, erreichte Anfang Juli seinen nahezu
höchsten Wert (121,2 Punkte). Einzig im Boom-Jahr 2000 hatte er auf
einem höheren Niveau gelegen (123,4 Punkte). Während die Unternehmen
ihre Geschäftslage (124,7 Punkte) so positiv bewerten wie nie zuvor,
haben sich die Erwartungen verschlechtert (von 119,3 auf 117,8
Punkte).
Nach einem überdurchschnittlichen Umsatzwachstum im ersten
Halbjahr erwartet der BGA daher, dass sich die Großhandelskonjunktur
abschwächen und der Wirtschaftszweig seine Umsätze im Jahr 2006
insgesamt um nominal 6,6 Prozent und preisbereinigt um 3,6 Prozent
steigern wird. Die Beschäftigtenzahlen nahmen erstmals seit langer
Zeit wieder zu. Insgesamt rechnet der BGA mit knapp 8.000 neuen Jobs
im laufenden Jahr. "Als Schnittstelle zu Industrie, Handwerk,
Einzelhandel und Gastronomie, profitiert der Großhandel von der
gegenwärtigen Wachstumsdynamik in Deutschland. Alarmierend ist, dass
die deutsche Volkswirtschaft ihren Wachstumshöhepunkt im zweiten
Quartal bereits erreicht hat und das Wachstum in den kommenden sechs
Monaten abnimmt", so Börner.
Insgesamt erwartet der BGA im laufenden Jahr ein
Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent. In 2007 werde der Aufschwung
abreißen mit einem erwarteten BIP-Zuwachs von maximal 1,2 Prozent.
Verantwortlich dafür seien verschiedene Faktoren wie die sich
abschwächende Expansion der Weltwirtschaft, das hohe Preisniveau
international gehandelter Rohstoffe und steigende Zinsen. "Die
kräftigsten Dämpfer für die deutsche Konjunktur in 2007 sind jedoch
hausgemacht und kommen von der Finanzpolitik. Die Steuer- und
Abgabenlast wird für Bürger und Unternehmen im Zuge der
Mehrwertsteuererhöhung und aufgrund steigender Renten- und
Krankenversicherungsbeiträge im kommenden Jahr merklich zunehmen",
warnt Börner. Diese Erhöhungen würden die gerade wieder aufkeimende
private Nachfrage abwürgen. Der positive Effekt niedrigerer Beiträge
zur Arbeitslosenversicherung werde durch die Mehrwertsteuererhöhung
überkompensiert. 70 Prozent der Konsumgütergroßhändler mit einem
Umsatz von rund 340 Milliarden Euro und sogar 78 Prozent der baunahen
Großhandelsunternehmen mit einem Umsatz von rund 100 Milliarden
stellten sich auf schlechtere Geschäfte ein.
"Die 'Koalition der Möglichkeiten' schöpft ihr Potenzial bei
weitem nicht aus. Dabei sind die Voraussetzungen für die Politik so
günstig wie seit Jahren nicht mehr. Sie könnte Stimmungshoch und
Aufschwung nutzen, um strukturelle Korrekturen umzusetzen", so
Börner. 82 Prozent der Unternehmen sehen sich jedoch nach knapp einem
Jahr Regierungsarbeit nicht besseren Rahmenbedingungen gegenüber. Die
Wirtschaft droht ins Stocken zu geraten, wenn den massiven
Belastungen aus den jüngsten Steuerbeschlüssen nicht klare
Perspektiven auf Entlastungen folgen. Rund 70 Prozent der Unternehmen
erwarten keine Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und auch keine
Steigerung der Rentabilität von Investitionen.
"Es ist ökonomisch nicht nachvollziehbar, wenn man in einem Land
mit anhaltend niedrigen Wachstumsraten Investitionen verteuert", so
Börner mit Blick auf die geplante Besteuerung von Kosten wie Zinsen,
Mieten und Leasingraten. Sehr negative Auswirkungen habe dies
insbesondere für die Unternehmen, die nicht kurzfristig in der Lage
seien, Eigenkapital durch Fremdkapital zu ersetzen. Das seien alle
Unternehmen bis zu mittlerer Bonität, immerhin 83 Prozent des
deutschen Mittelstandes mit rund 25 Millionen Arbeitsplätzen.
"Logische Folge dieser Steuerpolitik ist die Zu-nahme des
Konzentrationsprozesses mit einem drastischen Abbau von
Arbeitsplätzen", warnt Börner.
Nicht nur die Unternehmensteuerreform ist aus Sicht der Wirtschaft
dringend notwendig. Auch am Arbeitsmarkt müssten die
Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. Hingegen wird der
Kombilohn nicht die Lösung bringen bei der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit im Niedriglohnsektor. 70 Prozent der Unternehmen
würden in der jetzigen Situation auch dann keine Stellen im
Niedriglohnsektor schaffen, wenn diese bezuschusst würden. Die
Einführung eines tariflich fixierten Mindestlohns würde bei 24
Prozent der Unternehmen in Ostdeutschland zur Vernichtung von
weiteren Arbeitsplätzen führen.
"Nach Jahren aufgeschobener Strukturreformen bremsen unsere
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Leistungsfähigkeit von
Unternehmen und Arbeitnehmern weiter. Neun von zehn Unternehmen
würden unter anderen Rahmenbedingungen - mehr Flexibilität, weniger
Bürokratie und niedrigere Lohnnebenkosten - neue
sozial-versicherungspflichtige Stellen schaffen", so Börner
abschließend.
Quelle: Pressemitteilung Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA)