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Deutsche Ökonomen uneins über Bewertung des Euro-Sondergipfels

Archivmeldung vom 25.07.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Oliver Weber  / pixelio.de
Bild: Oliver Weber / pixelio.de

Führende deutsche Wirtschaftswissenschaftler interpretieren die Ergebnisse des Euro-Krisengipfels Ende vergangener Woche in Brüssel unterschiedlich. Während die einen Europa in eine sogenannte Transfer- oder Haftungsunion driften sehen, zeigen sich andere mit den Resultaten zufrieden. "Wir sind weiter auf dem Weg in die Haftungsunion", sagte Ulrich van Suntum vom Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung an der Universität Münster der "Welt".

"Nationale Schulden werden zu gemeinschaftlichen, der Anreiz zur Konsolidierung wird so für jede einzelne Regierung geschwächt. Das ist das Gegenteil dessen, was wir brauchen", sagte van Suntum weiter. Ins gleiche Horn blies Stefan Homburg von der Universität Hannover. "Den Einstieg in die Transferunion hatten wir bereits bei der ersten Griechenland-Rettung im Mai 2010 erlebt", sagte der Finanzwissenschaftler.

Optimistischer sieht Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, die Lage der Euro-Zone. Die Politik habe auf dem Gipfel mehr beschlossen als erwartet. "Das Risiko einer Eskalation ist nun geringer", sagte Krämer.

Auch Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung und Ökonomieprofessor an der Universität Würzburg, glaubt, dass der Gipfel "die Ansteckungsgefahren verringert" hat. "Es war ein klares Zeichen an die Märkte", sagte Bofinger. "Die Politik tut alles, um den Euro zu retten."

Kritiker stoßen sich hingegen daran, dass Zinslasten und Rückzahlung der Kredite durch die Euro-Beschlüsse in die ferne Zukunft verlagert werden. "Bis dahin kann ja ein Wunder in Griechenland geschehen. Und anderenfalls können sich die dann regierenden Politiker mit dem Problem auseinandersetzen", kritisierte der renommierte Münchner Ökonom Kai Konrad. Konrads zweiter Kritikpunkt: Die Konditionen für Kredite des Rettungsschirmes EFSF werden gelockert. Die Institution kann künftig Geld auch vorbeugend verleihen, also nicht nur an Länder, die bereits vor der Pleite stehen. Die "erhebliche Ausweitung der Kompetenzen" der EFSF sei "wirklich besorgniserregend", sagte Konrad. Bofinger begrüßte hingegen genau dies: "Den Rettungsfonds zu stärken war sinnvoll", sagte er. "Er kann nun schon bei einer Rauchentwicklung eingreifen und nicht erst, wenn das ganze Haus brennt." Auch sei es "überfällig" gewesen, Griechenland bessere Zinskonditionen einzuräumen. "Man muss dem Land eine Perspektive geben. Das hat man nun getan", sagte Bofinger der "Welt". "Endlich wird nicht mehr nur gefordert, sondern auch gefördert." "Die Senkung der Zinslasten gehört in die Kategorie Transfers", sagte dagegen der prominente Euro-Kritiker Joachim Starbatty der Zeitung. "Die Einführung von Euro-Bonds ist darin zu sehen, dass Griechenland-Anleihen im Rahmen des Rettungsschirms in Papiere umgewandelt werden, für die die Länder der Eurozone insgesamt die Haftung übernehmen." "Die Zinssubvention für Griechenland ist ein weiterer Schritt Richtung Eurobonds", sagte auch Commerzbank-Experte Krämer. Euro-Bonds sind Anleihen, die gemeinsam von den Staaten der Euro-Zone ausgegeben werden - mit der Folge, dass Länder wie Deutschland für die Aufnahme von Schulden höhere Zinsen zahlen müssten als bisher. Noch gibt es offiziell keine Euro-Bonds. "Faktisch aber bekommen wir jetzt Euro-Bonds", sagte Finanzwissenschaftler van Suntum.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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