Nasdaq will Londoner Börse übernehmen
Archivmeldung vom 14.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBei der Bewertung der sich anbahnenden Übernahme der Londoner Börse durch die Nasdaq werden nur die betriebswirtschaftlichen Fragen erörtert und dabei die wichtigsten Folgen übersehen:
1. Die Europäer sind dadurch unter Handlungsdruck geraten und
müssen den Zusammenschluss der Deutschen Börse mit der
Vier-Länder-Börse Euronext beschleunigen. Dies dürfte aber schwierig
sein, weil die Machtfragen: Wo soll der Hauptsitz sein und wer hat
das Sagen? Deutsche Börse oder Euronext? nicht geklärt sind.
2. Die Chancen, dass Großbritannien in die europäische
Währungsunion eintritt, werden infolge der anstehenden Verstärkung
der dollarisierten transatlantischen Finanzströme eher sinken.
3. Die tief verwurzelte transatlantische ökonomische Vernetzung
wird durch die geplante LSE-Übernahme bestätigt und weiter gestärkt.
Dies alles geschieht zu der Zeit, in der die Europäische Union
ohnehin in Gefahr ist, nationalstaatlich unterwandert zu werden.
Anstatt gesamteuropäische Solidarität beobachten wir zunehmende
Renationalisierung der Wirtschaftspolitik. Beispiele Frankreich,
Spanien, Deutschland.
4. Die amerikanische Hegemonie wird militärisch geschützt,
wirklich gestützt ist sie aber auf die ökonomische Kraft. Die
transatlantische Love Affair zwischen Börsen trägt zur weiteren
Festigung der amerikanischen Hegemonie bei. Große Börsen ziehen
zusätzliches Kapital ins Land und ein starker nationaler Kapitalmarkt
hilft bei der Finanzierung der Schulden. Aber vor allem: Börsen
lenken die Geldströme, diese Tentakel der Macht in der globalisierten
Weltwirtschaft.
5. Heute gilt: Wer die Energie- und Finanzströme beherrscht,
regiert die Welt. Die Vereinigten Staaten sind dabei, die Region mit
den wichtigsten Energiequellen in ihrem Sinne umzugestalten. Die
transatlantische Börse ist Ausdruck und Stärkung der ohnehin weit
entwickelten amerikanischen Kontrolle der Finanzströme und Schwächung
des wahrscheinlichsten Herausforderers der USA - der Europäischen
Union.
Quelle: Pressemitteilung HAUS RISSEN HAMBURG