Douglas steigt in den Medizinmarkt ein: Die bitteren Folgen der staatlichen e-Rezept Politik
Archivmeldung vom 16.02.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Parfümeriekette Douglas hat das lukrative Apothekengeschäft entdeckt: Durch den Kauf eines holländischen Versandhändlers kann das Unternehmen in den Online-Medikamentenmarkt einsteigen. "Wie schon andere Mitbewerber warten alle darauf, dass sich in Deutschland das elektronische Rezept für Kassenrezepte durchsetzt, ermöglicht durch in Berlin beschlossene Gesetze", kommentiert die Vize-Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Dr. Silke Lüder, die aktuelle Entwicklung.
Verbunden mit immer neuen Wegen für telemedizinische Konsultationen bei fremden Patienten lockt hier offenbar ein großes Renditepotential. Die Freie Ärzteschaft befürchtet vor diesem Hintergrund nach wie vor, dass das geplante E-Rezept zum Türöffner für die Übernahme des ambulanten Medizinbetriebes durch Großkonzerne wird. "Da fast allen Patienten künftig ein großformatiger Papierausdruck mit einem QR Code mitgegeben wird - zusätzlich zur online Weiterleitung des Rezeptes an den zentralen Server - können die Kassenrezepte direkt über eine App an ausländische Versandapotheken weitergeleitet werden. Diese verweisen teilweise gleich direkt auf Telemedizinfirmen."
Immerhin ist diese Art der Werbung vom Bundesgerichtshof kürzlich als illegal bewertet worden (BGH-Urteil vom 9. Dezember 2021 - I ZR 146/20 - Werbung für Fernbehandlung). "Der BGH hat festgestellt, dass die beworbenen Fernbehandlungen dem ,allgemein anerkannten Standard medizinischer Behandlungen in Deutschland nicht entsprechen', weil dieser Standard voraussetzt, dass der Arzt den Patienten sehen und hören - und etwa durch Abtasten, Abklopfen oder Abhören oder mit medizinisch-technischen Hilfsmitteln wie Ultraschall - untersuchen kann. Das erfordert die physische Präsenz von Arzt und Patient und ist im Rahmen einer Videosprechstunde nicht möglich", erklärt FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich. Das höchstrichterliche Urteil ist laut Dietrich zwar "ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die aus der Medizin ein einziges großes lukratives Geschäftsfeld mit niedriger Qualität machen wollen. Ob die Entscheidung des BGH aber in Berlin jemanden kümmert, darf bezweifelt werden."
Für Allgemeinärztin Lüder ist es fraglich, wie sinnvoll es ist, die medizinische Versorgung in einen kapitalträchtigen Markt zu verwandeln und damit die vorhandene Medizinqualität drastisch zu senken. "Telemedizin ist keine Medizin, sondern allenfalls eine Konsultation auf Entfernung über mehr oder weniger schlechte Internetverbindungen. Medizinische Behandlung bedeutet Handeln, beinhaltet den direkten Kontakt, die körperliche Untersuchung und die persönliche Interaktion zwischen Patient und Arzt in einem durch die Schweigepflicht geschützten Vertrauensraum", sagte Lüder am Mittwoch in Hamburg.
"Als Ärzteverband, dem es um die Wahrung der Basics unseres Berufes geht, werden wir uns auch in Zukunft für die Verteidigung der Qualität der Medizin einsetzen", heißt es folglich seitens der FÄ. "Bisher ist die Einführung des elektronischen Rezeptes über die Telematikinfrastruktur komplett gescheitert. Uns als Ärztinnen und Ärzten von oben aufgezwungen, funktioniert genau wie bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, in diesem staatlichen Modell bisher einfach gar nichts", so Lüder. Dennoch würden hunderte Millionen Euro weiter verschwendet und Arztpraxen mitten in der Coronakrise mit Investitionen in eine Technik belastet, die die täglichen Arbeitsabläufe in den Praxen teilweise verunmöglichen, so wie es aktuell von der KV Bayerns im Petitionsausschuss des Bundestages dargestellt worden ist. "Die vorliegenden Pläne zum E-Rezept müssen daher beerdigt werden", fordert die Freie Ärzteschaft.
Quelle: Freie Ärzteschaft e.V. (ots)