Bayer-Chef Dekkers warnt vor Überforderung in Flüchtlingskrise
Archivmeldung vom 09.11.2015
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Freigeschaltet durch Dennis WitteMarijn Dekkers, Präsident des Chemieverbandes VCI und Chef des Leverkusener Bayer-Konzerns, warnt vor übermäßig ehrgeizigen Zielen in der Flüchtlingskrise. "Ich habe durchaus Sorgen, dass Deutschland sich auch in der Flüchtlingsfrage zu viel vorgenommen hat", sagte Dekkers im Gespräch mit der "Welt am Sonntag".
Es sei richtig, den Menschen in dieser Notsituation zu helfen. "Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland sehr viel schaffen kann. Die Frage ist aber, was kann dieses Land wirklich stemmen? Wie viele Flüchtlinge können wir wirklich über welchen Zeitraum hier aufnehmen? Das muss dringend beantwortet werden, und da muss man auch pragmatisch sein", sagte Dekkers.
Kurzfristig werde die Versorgung der vielen Asylsuchenden sicher für wirtschaftliche Impulse sorgen. Es werde aber sehr viel Zeit und Mühe kosten, die Flüchtlinge auf das Niveau zu bringen, das man in Deutschland als Arbeitnehmer mitbringen müsse, um eine Beschäftigung zu finden. "Ich warne nur davor, sich Illusionen hinzugeben: Bis die große Mehrheit der Asylsuchenden wirklich unabhängig von staatlicher Hilfe sein wird und ihr eigenes Einkommen verdient, werden mindestens 15 Jahre vergehen", so Dekkers.
Besorgt äußerte sich der Konzernchef und Branchenpräsident auch über die sinkende Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Das gelte auch für Deutschland, wo die Folgen der Energiewende und fehlender Gründergeist zu den größten Hemmnissen für den Standort zählten. "Die hohen Energiekosten haben der deutschen Wettbewerbsfähigkeit geschadet und schaden ihr noch", sagte er. Zwar sei das Ziel, aus der Atomkraft auszusteigen und erneuerbare Energien zu fördern, nachvollziehbar. "
Aber die Ambitionen in Deutschland sind so groß und der Zeitraum für die Umsetzung ist so kurz gewählt, dass das Projekt Energiewende dadurch viel zu teuer wird." Auch bei der Innovationskraft habe Deutschland Nachholbedarf. "Dass viele Innovationen keine Chance haben, auf den Markt zu kommen, ist für mich die größte Bedrohung für die deutsche Wettbewerbsfähigkeit.
Andere Länder wie China holen da gerade rasant auf", warnte er. Dekkers kritisierte auch, dass die Bundesregierung bei der Förderung von Gründern bisher die falschen Anreize setze. "Gründungen sind keine Sache, die eine Regierung regeln muss", sagte er. Öffentliche Fördermittel seien hilfreich, wichtiger sei aber ein Umfeld, in dem private Investoren von Anfang an in Startups investierten: "Wenn aus Startups von Beginn an Staatsbetriebe werden, läuft etwas schief."
Quelle: dts Nachrichtenagentur