Zahl der Betriebsräte fällt auf neuen Tiefpunkt
Die Zahl der Betriebe in Deutschland mit einem Betriebsrat ist auf einen Tiefpunkt gesunken. Nur noch sieben Prozent verfügen über eine solche Arbeitnehmervertretung, zeigt eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), über die die "Welt am Sonntag" berichtet.
Knapp jeder dritte Beschäftigte in der Privatwirtschaft wird demnach von
einem Betriebsrat vertreten; 1996 waren noch 49 Prozent. Die Ergebnisse
müssten "uns als Gewerkschaft und Gesellschaft tief besorgen", sagte IG
Metall-Chefin Christiane Benner gegenüber der Zeitung. Bisherige
Bemühungen der Politik hätten nicht ausgereicht, um der "Erosion der
Mitbestimmung entgegenzuwirken". Benner forderte einen verbesserten
Kündigungsschutz von Wahlinitiatoren sowie präventiv wirksame Strafen im
Fall einer Behinderung von Wahlen.
Der Vorsitzende der
Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke, sieht
die Arbeitgeber in der Verantwortung. "Ich denke da zum Beispiel an
Amazon, wo mit Kündigungsdrohungen und Einschüchterung alles
darangesetzt wurde, die Gründung eines Betriebsrats zu stoppen", sagte
der CDU-Politiker. Für Menschen in Leiharbeit, befristet Angestellte
oder Minijobber sei es viel schwieriger, sich in einem Betriebsrat zu
engagieren, sagte Susanne Ferschl, sozialpolitische Sprecherin der
Linken. "Diese Beschäftigungsformen nehmen aber vor allem im boomenden
Dienstleistungssektor rapide zu."
Frank Bsirske (Grüne) verwies
darauf, dass die Ampel "wesentliche Veränderungen vornehmen und die
betriebliche Mitbestimmung stärken" wollte. Bevor es dazu kam, zerbrach
die Regierung jedoch. Die Arbeitgeber beurteilen die Entwicklung anders.
Die Bestrebungen der Politik für mehr Betriebsräte hätten "in erster
Linie zu neuen bürokratischen Vorschriften geführt, auf die Beschäftigte
keine Lust haben", sagte Steffen Kampeter, Geschäftsführer des
Arbeitgeberverbandes (BDA). "Das Betriebsverfassungsgesetzes ist
bürokratisch und veraltet", kritisierte Kampeter. "Alternative
Beteiligungsformen wie etwa Mitarbeitervertretungen bieten einfachere
und zeitgemäßere Möglichkeiten, sich in Betrieben einzubringen".
Quelle: dts Nachrichtenagentur