Umfrage: Ärzte leiden unter Bürokratie und Zeitdruck
Archivmeldung vom 07.08.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo Babić80 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner in Deutschland fühlen sich von ihrer Arbeit belastet. Das ergab die repräsentative "Umfrage zu den Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte" des Karriere- und Informationsportals praktischArzt. Sogar nur drei Prozent der Befragten gab an, sich von der Arzt-Tätigkeit gar nicht belastet zu fühlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Arbeitsbelastung: Rund 80 Prozent der Ärzte empfinden ihre Arbeit als belastend.
- 47 Prozent nennen als Grund: Zeitdruck und nichtärztliche Tätigkeiten.
- Rund die Hälfte der Ärzte in Deutschland ist unzufrieden mit den Arbeitszeiten. 39 Prozent klagen darüber, dass diese häufig auch die vereinbarte Arbeitszeit übersteigt.
- Die Balance zwischen Beruf und Privatleben wird von zwei Drittel als unbefriedigend beschrieben. Die Vielzahl an Wochenend- und Nachtdiensten ist ein Faktor, der zur Belastung beiträgt (37 Prozent).
- Ausführliche Ergebnisse auf praktischArzt.de
An der Umfrage von praktischArzt nahmen im Juni 2024 insgesamt 1.733 Ärztinnen und Ärzte sowie Medizinstudenten in Deutschland teil. Das Teilnehmerfeld deckt dabei alle Altersklassen, Karrierestufen und Beschäftigungsverhältnisse ab. Außerdem sind sämtliche medizinischen Fachbereiche sowie Einrichtungen vertreten.
Mehrheit der Ärzte fühlt sich von den Arbeitsbedingungen belastet
Ein Drittel der Befragten gab an, sich bei der Arzttätigkeit "sehr belastet" zu fühlen. Weitere 47 Prozent fühlen sich immerhin noch "eher belastet". Demgegenüber stehen 17 Prozent, die während ihrer Arbeit weniger Belastung verspüren. Nur 3 Prozent fühlen sich im Arbeitsalltag "gar nicht belastet".
Grafik 1: "Wie fühlen sich Ärzte bei der Arbeit?" als Download
Diese Faktoren belasten Ärzte am meisten
Vor allem die ausufernde Bürokratie und der hohe Dokumentationsaufwand sorgen bei den befragten Ärzten für Stress im Berufsalltag - 62 Prozent votierten dafür. Auch weitere Faktoren wie ein hoher Zeitdruck und das Abarbeiten vieler nichtärztlicher Tätigkeiten tragen zur allgemeinen Belastung bei (je 47 Prozent). Die tatsächliche Arbeitszeit, die häufig die vereinbarte Arbeitszeit übersteigt (39 Prozent), sowie die Vielzahl an Wochenend- und Nachtdiensten (37 Prozent) sind weitere Faktoren, die zur allgemeinen Belastung beitragen.
Grafik 2: "Die größten Belastungen im ärztlichen Arbeitsalltag" als Download
Viele Mediziner würden ihren Job nicht erneut wählen
Als Konsequenz sehen sich 40 Prozent der teilnehmenden Ärzte in ihren Erwartungen bezüglich des medizinischen Berufs enttäuscht. Dementsprechend gaben nur 63 Prozent der Befragten an, dass sie sich wieder für diesen Job entscheiden würden.
Auch ihren Arbeitgebern stellen die angestellten Ärzte ein zwiegespaltenes Zeugnis aus: Nur knapp 57 Prozent würden ihren aktuellen Arbeitgeber weiterempfehlen. Ähnlich steht es um die Identifikation mit dem Arbeitgeber: Rund 58 Prozent der befragten Ärzte können sich laut Umfrage mit ihrem derzeitigen Arbeitgeber identifizieren.
Das ist Ärzten im Job wichtig
Die Umfrage ermittelte ebenfalls, welche Faktoren den Befragten in ihrem Berufsalltag besonders wichtig sind. Dabei entschieden sich die Mediziner vorrangig für ein gutes Arbeitsklima sowie die Arbeitsatmosphäre (84 Prozent), eine gute und transparente Kommunikation im Team (80 Prozent), ausreichend Zeit für Patienten (72 Prozent) sowie die Möglichkeit zu qualitativ hochwertigen Fort- und Weiterbildungen (70 Prozent) und eine ausgeglichene Work-Life-Balance (65 Prozent).
Grafik 3: "Die wichtigsten Kriterien für Ärzte bei ihrer Arbeit" als Download
An diesen Punkten könnten Arbeitgeber im Gesundheitswesen ansetzen. Denn laut Befragung zeigten sich beispielsweise knapp 60 Prozent der Ärzte unzufrieden mit ihrer aktuellen Work-Life-Balance beziehungsweise können ihren Beruf nur schwer mit Freizeit und Familie vereinbaren. 58 Prozent wünschen sich, mehr Zeit für die Behandlung ihrer Patienten zu haben.
Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz könnte darüber hinaus durch Faktoren wie der Möglichkeit zum selbstständigen Arbeiten, einer hohen Arbeitsplatzsicherheit, einem positiven Arbeitsklima wie auch einem guten Image eines Arbeitgebers gesteigert werden.
Fazit
Die Ergebnisse sind alarmierend für alle Akteure im Gesundheitswesen. Arbeitgeber brauchen zum Beispiel Lösungsansätze hinsichtlich effizienter Arbeitsprozesse und Personalplanung sowie der Einführung oder Verbesserung digitaler Lösungen für Dokumentation, Abrechnung und Terminmanagement. Und auch die Politik ist gefragt, bessere Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten zu schaffen oder zu verbessern, beginnend bei der Vereinfachung regulatorischer Anforderungen und verbesserter Digitalisierung bis hin zur Stärkung der Primärversorgung und Entlastung von Fachärzten und stärkerer Präventivorientierung. Denn klar ist: Das System selbst braucht eine bessere Gesundheit.
Die kompletten Ergebnisse als PDF zum Download
Quelle: pA Medien GmbH (ots)