Deutsche-Bank-Aufsichtsrat berät über die Rolle von Chefkontrolleur Rolf-E. Breuer in der Kirch-Affäre
Archivmeldung vom 16.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDeutsche-Bank-Aufsichtsrat berät über die Rolle von Chefkontrolleur Rolf-E. Breuer in der Kirch-Affäre, das spektakuläre Urteil des Bundesgerichtshofes vom 24. Januar 2006 und ein brisantes Gutachten, das Breuer Untreue in einem besonders schweren Fall vorwirft.
Für den Freiburger Strafrechtsprofessor Klaus Tiedemann steht die
"Täter-Qualifikation" von Breuer außer Zweifel / Medienunternehmer
Leo Kirch und seine Anwälte fordern die Deutsche Bank ultimativ auf,
gegen Breuer "Schadenersatzansprüche gerichtlich geltend zu machen".
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank berät in der Kirch-Affäre am
17. März über das spektakuläre Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH)
gegen die Deutsche Bank und seinen Chefkontrolleur Rolf-E. Breuer.
Wie das Wirtschaftsmagazin 'Capital' in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, beschäftigen sich die Räte
dabei auch mit einem brisanten Gutachten von Klaus Tiedemann,
Ordinarius für Strafrecht an der Universität Freiburg, zu den
"strafrechtlichen Auswirkungen" des BGH-Urteils, das dem
Medienunternehmer Leo Kirch am 24. Januar 2006 grundsätzlich einen
Schadensersatzanspruch zugestanden hatte.
Bei dem Streit geht es um viele hundert Millionen Euro: Im Februar
2002 zweifelte der damalige Deutsche-Bank-Chef und Bankenpräsident
gegenüber einem Reporter von Bloomberg TV die Kreditwürdigkeit von
Leo Kirch und dessen Unternehmen Kirch Media öffentlich an. "Was man
darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht
bereit ist, noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu
stellen." Diese Aussage von einem Banker, dessen Institut selbst mit
Krediten in Höhe von vielen hundert Millionen Euro bei Kirch
engagiert war, musste Wirkung zeigen. Im April 2002 war Kirch
gezwungen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Im Mai dann zeigte Kirch
sowohl Breuer als auch die Deutsche Bank an, unter anderem wegen des
"Verrats von Geschäftsgeheimnissen".
Tiedemann, der seine 18-seitige Expertise mit Datum vom 7. März
2006 im Auftrag von Kirch anfertigte, kommt laut 'Capital' zu dem
eindeutigen Schluss, dass das "Interview-Verhalten des Dr. Breuer"
absolut inakzeptabel gewesen sei. Die strafrechtliche Würdigung ist
für Breuer ein Desaster: Seine "Täter-Qualifikation" stehe "außer
Zweifel", seine Äußerungen würden ein "gravierendes
Wirtschaftsdelikt" darstellen. Wegen der hohen Schadenssumme, die der
Deutschen Bank drohe, könne man von Untreue in einem "besonders
schweren Fall" ausgehen. Zwar habe es über die finanzielle Lage bei
Kirch Media, so Tiedemann in seinem Gutachten, in der Öffentlichkeit
"detaillierte Spekulationen und Vermutungen" gegeben. Diese seien
aber erst "zur Gewissheit" geworden, als der "Sprecher der Kredit
gebenden Bank - mit diesem besonderen Geltungsanspruch - die Gerüchte
bestätigte". Nun wollen sich die Anwälte der Deutschen Bank intensiv
mit der Stichhaltigkeit der Tiedemann-Vorwürfe beschäftigen und sie
gegebenenfalls widerlegen.
Die Anwälte von Leo Kirch, der überzeugt ist, dass der Banker sein
Lebenswerk zerstört hat, führen in einem Schreiben an den
Aufsichtsrat der Deutschen Bank aus, dass Breuer "seine persönlichen
Pflichten" als Organ der Gesellschaft verletzt habe und "deshalb der
Deutschen Bank zum Ersatz des gesamten, ihr daraus entstehenden
Schadens verpflichtet ist". Ultimativ fordern sie den Aufsichtsrat
auf, Schadenersatzansprüche gegen Breuer "gerichtlich geltend zu
machen". Der Aufsichtsrat hat zugesagt, "unaufgefordert" auf das
Schreiben der Kirch-Anwälte zu reagieren. Schon früher hatte er
klargestellt, dass alle "Entscheidungen ohne Rücksicht auf
persönliche Interessen" getroffen werden.
Quelle: Pressemitteilung 'Capital'