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Hertie gibt nicht auf

Archivmeldung vom 01.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Die Kaufhauskette Hertie hat Insolvenz angemeldet. Der Geschäftsbetrieb soll aber im Interesse der Mitarbeiter, der Kunden und der Gläubiger ohne Unterbrechung fortgeführt werden. Kann Hertie noch gerettet werden?

Die Kaufhauskette Hertie hat wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Ziel sei, den Geschäftsbetrieb ohne Unterbrechung fortzuführen, teilte Hertie am Donnerstag mit. Gespräche über eine Sanierung oder eine Zwischenfinanzierung seien gescheitert. „Bekanntlich ist die Lage bei dem Investor Dawnay Day ebenfalls angespannt,“ sagte Hertie-Geschäftsführer Mark Rahman. Betroffen seien 4500 Beschäftigte, die Insolvenzordnung biete zahlreiche Möglichkeiten, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren „und somit eine gute Ausgangslage für einen nachhaltigen Turnaround zu schaffen“, sagte Rahman. Das Unternehmen habe klare Vorstellungen, wie die operative Restrukturierung in der Insolvenz zügig fortgesetzt werden solle.

Von den bundesweit 72 Warenhäusern befinden sich drei in Berlin. Es handelt sich um die Geschäfte in der Moabiter Turmstraße, in der Berliner Straße in Tegel und in der Hauptstraße in Schöneberg. Dort war die Stimmung am Donnerstag gedrückt. Geschäftsleiter und Belegschaften hatten erst am Morgen von dem Insolvenzantrag erfahren.
Die Restrukturierung solle jetzt im gerichtlichen Insolvenzverfahren fortgesetzt werden, erklärte Hertie. Nun werde genau untersucht, wie rentabel die einzelnen Standorte seien. Außerdem soll unverzüglich die Finanzierung des Insolvenzgeldes für die Mitarbeiter geklärt werden. Gemeinsam mit Belegschaft, Geschäftspartnern und dem Land Nordrhein-Westfalen glaube das Unternehmen an „eine realistische Chance für den größtmöglichen Erhalt der vielen Arbeitsplätze“.

Die GewerkschaftVerdi sieht den Handelskonzern Arcandor (Karstadt) in der Pflicht, sich für die Beschäftigten seiner insolventen ehemaligen Tochter Hertie einzusetzen. „Es sind langjährige Beschäftigte, die für Karstadt gearbeitet haben, die damals über Nacht verkauft worden sind und insofern gibt es eine moralische Verantwortung“, sagte der Verdi-Unternehmensbetreuer und Hertie-Aufsichtsrat Johann Rösch. Der britische Investor Dawnay Day hatte im Jahr 2005 von KarstadtQuelle, der heutigen Arcandor, 74 kleinere Filialen übernommen, die unter dem Traditionsnamen Hertie betrieben werden. Der Name Hertie geht auf Hermann Tietz zurück, der sein erstes Warenhaus 1882 in Gera öffnete. In den folgenden Jahrzehnten entstand daraus einer der größten Warenhauskonzerne. Die Kette wurde unter den Nazis „arisiert“, die jüdische Besitzerfamilie enteignet. Sie floh ins Ausland. 1993 übernahm der Karstadt-Konzern die Häuser.

Verdi-Unternehmensbetreuer Rösch sagte, die Gewerkschaft hoffe auf eine Rettung des Unternehmens durch einen Investor. Dabei könne es sich um einen Finanzpartner handeln in Zusammenarbeit mit einem strategischen Investor. Verdi wolle möglichst rasch mit dem bestellten Insolvenzberater ins Gespräch kommen. „Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen.“ Rösch sagte weiter, die Hertie-Probleme seien auf drei Gründe zurückzuführen: Die Geschäftsleitungen hätten schnell gewechselt, die Sortimente seien nicht stimmig und auch die Warenversorgung habe nicht gut funktioniert. Er habe schon bei der Übernahme der damaligen Karstadt-Kompakt-Kaufhäuser durch Dawnay Day „hohe Bedenken“ gehabt, dass die Investorengruppe kein Interesse am operativen Geschäft gehabt habe. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Düsseldorf erklärte, man „begleite“ den Konzern, „es wird nicht an einer Landesbürgschaft scheitern“.

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