Unions-Wirtschaftsflügel kritisiert Analyse zu Exportüberschüssen
Archivmeldung vom 05.03.2014
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Freigeschaltet durch Doris OppertshäuserMit scharfer Kritik haben Vertreter des Unions-Wirtschaftsflügels auf eine Analyse des von SPD-Chef Sigmar Gabriel geführten Bundeswirtschaftsministeriums zu den deutschen Exportüberschüssen reagiert. "Wenn unsere Produkte im Ausland besonders nachgefragt werden, ist das ein Zeichen für die Qualität der Produkte, die unsere Unternehmen herstellen. Das dürfen wir uns nicht kaputtmachen lassen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand (PKM), Christian von Stetten, "Handelsblatt-Online". "Insofern bin ich doch etwas irritiert, wenn das Bundeswirtschaftsministerium die Kritik der Europäischen Kommission an unserem Exportüberschuss nicht klar zurückweist, sondern scheinbar akzeptiert." Es könne doch nicht sein, dass unsere Wirtschaft künstlich schlecht gemacht wird, damit andere europäische Staaten uns gegenüber wettbewerbsfähiger werden".
Harsche Kritik äußerte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch "Es ist bedauerlich, dass sich nun auch schon eigene Ministerien an der Kampagne gegen unseren Exportüberschuss beteiligen", sagte Willsch "Handelsblatt-Online". "Früher waren wir stolz darauf, Exportweltmeister zu sein, heute sollen wir uns für unseren eigenen Erfolg, unsere eigenen Qualitätsprodukte schämen." Niemand werde gezwungen, ein deutsches Produkt zu kaufen, fügte Willsch, der dem Bundestags-Wirtschaftsausschuss angehört, hinzu "Der Vorwurf, unsere Exporte würden den anderen schaden, ist allein deshalb absurd, weil der Anteil ausländischer Wertschöpfung am deutschen Export stetig steigt", sagte Willsch weiter.
Bevor Deutschland exportiere, importiere es aus anderen Staaten. Der Anteil ausländischer Wertschöpfung liege bei etwa zwanzig Prozent, gab der CDU-Politiker zu bedenken. "Wer Deutschland als stärkste Volkswirtschaft der EU schwächen will, sägt sich selbst den Ast ab, auf dem er sitzt", warnte Willsch und fügte hinzu: "Mir ist unbegreiflich, wie weit die deutsche Selbstverachtung mittlerweile um sich greift." Experten des Wirtschaftsministeriums hatten zuvor in einem Papier erstmals eingeräumt, dass "exzessive und dauerhafte Ungleichgewichte" für die Stabilität der Euro-Zone schädlich seien. Bislang hatte die Regierung Kritik an den Überschüssen immer rigoros zurückgewiesen.
CDU-Politiker: Deutschland muss Binnennachfrage ankurbeln
Als Konsequenz aus der Kritik der EU-Kommission am hohen deutschen Exportüberschuss sehen Politiker von CDU und SPD Deutschland in der Verantwortung, seine Binnennachfrage anzukurbeln. "Nach meiner Auffassung geht es nicht darum, dass Deutschland weniger exportiert, sondern darum das Deutschland aus den europäischen Partnerländern mehr importiert. Dies geht nur über mehr Konsum", sagte der Bundesvize des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA), Christian Bäumler, "Handelsblatt-Online". Die Reallöhne seien in Deutschland seit dem Jahr 2000 im Gegensatz zu allen anderen europäischen Ländern nicht gestiegen, sondern gesunken. "Der Anteil der Unternehmensgewinne am Bruttoinlandsprodukt steigt, während der Lohnanteil sinkt", kritisierte der CDU-Politiker. Die Arbeitnehmer müssten daher über steigende Löhne stärker am wirtschaftlichen Fortschritt beteiligt werden. "Die Große Koalition muss einen Mindestlohn ohne Ausnahmen einführen und die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen erleichtern", so Bäumler.
Ähnlich argumentiert der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD und Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel. "Der Ausweg liegt, anders als mancher Demagoge uns weismachen will, nicht in der Reduzierung der Exporte, sondern in der Erhöhung der Binnenkaufkraft: Investitionen und Löhne", sagte Barthel "Handelsblatt-Online". In beiden Bereichen bestehe enormer Nachholbedarf. Die Koalition habe hier zwar Schritte in die richtige Richtung eingeleitet. Ein Blick auf den gespalteten Arbeitsmarkt,wachsende Ungleichheit und mangelnde Infrastrukturinvestitionen zeige aber, wo weiter politischer Handlungsbedarf liege. "Dies wäre auch im Interesse der Industrie und des privaten Dienstleistungssektors, und würde dort weitere Investitionen auslösen", ist Barthel überzeugt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur