US-Verhandlungen der VW-Topmanager geraten ins Stottern
Archivmeldung vom 15.02.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie jüngsten Enthüllungen im Abgasskandal von Volkswagen erschweren eine Einigung mit den US-Behörden. Das berichtet das Hamburger Wirtschaftsmagazin BILANZ. Der Autokonzern steht unter großem Zeitdruck: Denn ohne eine Einigung auf Strafzahlungen und Entschädigungen für die Kunden ist ein von den Wirtschaftsprüfern testierter Jahresabschluss kaum möglich. Der ist jedoch Voraussetzung für die fortlaufende Finanzierung des Konzerns.
Eine hochrangige Volkswagen-Delegation unter Führung von Beschaffungsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz (58) sprach zuletzt vergangene Woche bei den US-Behörden vor. Garcia Sanz ist gemeinsam mit Christine Hohmann-Dennhardt (65), seit Januar Vorstand für Integrität und Recht, für die Verhandlungen mit den Amerikanern zuständig. Beide waren in die USA gereist. Man sei optimistisch, eine Lösung zu finden, hieß es vergangene Woche in Verhandlungskreisen. Volkswagen hat in den USA gut 500.000 Fahrzeuge mit Diesel-Motoren verkauft, deren Stickoxidausstoß nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach und dies mittels einer Software vor den Behörden jahrelang verschleiert.
Doch die US-Behörden sind aufgrund eines Berichtes der "Bild am Sonntag" vom Wochenende alarmiert: Wie die Zeitung berichtet, belegten Dokumente, dass Volkswagens damaligem Vorstandschef Martin Winterkorn (68) bereits ab Mai 2014 konkrete Hinweise auf die Probleme in den USA vorgelegen hätten. Weitere Führungskräfte seien informiert worden. Erhärtet sich der Verdacht, dürfte das die fälligen Strafzahlungen deutlich erhöhen und eine Einigung verzögern.
Dies wäre fatal. Anfang Februar hatte der Dax-Konzern die für den 10. März geplante Vorlage der Bilanz und die für den 21. April angekündigte Hauptversammlung "mit Blick auf noch offene Fragestellungen im Zusammenhang mit den Folgen der Abgasthematik und den daraus resultierenden Bewertungsfragen" verschieben müssen. Neue Termine wolle VW "zeitnah" bekannt geben, hatte VW angekündigt. Das Gesetz fordert eine Vorlage des Jahresabschlusses bis Ende April.
Das Dilemma: Erst wenn die Höhe der Strafzahlungen, fälligen Entschädigungen und eventueller Investitionen in Umweltschutz und alternative Antriebe mit den US-Behörden ausgehandelt sind, kann der Autobauer eine valide Jahresbilanz für 2015 vorlegen. Die Zahlen nach neun Monaten hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC lediglich prüferisch durchgesehen. Bisher hat der Autobauer 6,7 Milliarden Euro zurückgestellt. Doch das wird bei weitem nicht reichen.
Im Fall von Kredit-und Anleiheverträgen kann ein eingeschränktes Testat dazu führen, dass der Vertragspartner seine Anleihe fällig stellen darf. Und ohne testierten Jahresabschluss wäre den Wolfsburgern der Zugang zum Kapitalmarkt praktisch verschlossen - mit katastrophalen Folgen für die Finanzierung des Konzerns. In Sachen Finanzierung steckt das Unternehmen schon heute in Schwierigkeiten: Rating-Agenturen haben die Kreditwürdigkeit herabgestuft, was die Aufnahme von Fremdkapital verteuert. Zudem kann Volkswagen keine Anleihen begeben, um sich zu refinanzieren. Denn dazu müsste das Unternehmen einen Prospekt vorlegen, der die Anleger über mögliche Risiken aufklärt - ohne Einigung in den USA sind die jedoch nicht absehbar.
Der Kapitalbedarf des Unternehmens ist groß. In normalen Zeiten, ohne Strafzahlungen, hat Volkswagen einen jährlichen Kapitalbedarf von mindestens 30 Milliarden Euro, vor allem wegen des Leasing-Geschäfts, bei dem Autos vorfinanziert werden. Das Unternehmen hat deshalb Ende 2015 mit einigen Banken einen sogenannten Club Deal vereinbart, einen auf ein Konsortium verteilten Kredit, in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro. Eine Zeit lang ist VW damit versorgt, zumal das Unternehmen zuletzt über fast 28 Milliarden Euro an Nettoliquidität verfügte.
Quelle: BILANZ (ots)