Text der WTO-Ministerkonferenz ist Verrat an Entwicklungsversprechen
Archivmeldung vom 19.12.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittOxfam International verurteilte gestern einen Text, der am letzten Tag der WTO-Verhandlungen in Hongkong präsentiert wurde, als Verrat an den Entwicklungsversprechen der Doha-Runde.
Der Vorschlag, der nach Verhandlungen bis früh in den
Morgen vorgelegt wurde, sei inakzeptabel, er berücksichtige die
Interessen der reichen Länder weit mehr, als die der
Entwicklungsländer und werde den für die armen Länder notwendigen
Reformen des Welthandels nicht gerecht, so Oxfam.
"Dies ist ein zutiefst enttäuschender Text und ein Verrat an den
Entwicklungsversprechen. Wieder einmal haben sich die Interessen der
reichen Länder durchgesetzt. Die Entwicklungsländer mussten in einem
Rückzugsgefecht versuchen, wenigstens einige ihrer Themen zu retten.
Kleine Fortschritte bei den Agrarverhandlungen werden durch äußerst
schädliche Vereinbarungen bei den Dienstleistungen und
Industriegütern mehr als konterkariert"; so Phil Bloomer, Leiter der
Oxfam-Kampagne Make Trade Fair.
"Die Entwicklungsländer wurden in eine unmögliche Position
gebracht: Entweder sie akzeptieren einen Text, der gravierende Mängel
aufweist, oder ihnen wird die Schuld für das Scheitern der
Verhandlungsrunde zugeschoben", so Bloomer.
Minister und Kommentatoren gehen davon aus, dass es Anfang
nächsten Jahres ein weiteres WTO-Treffen geben wird, um die
Vereinbarung abzuschließen, aber Bloomer warnt, dass, wenn die
reichen Länder ihre Haltung zu dieser Entwicklungsrunde nicht
grundlegend änderten, auch diese Extrazeit keinen Unterschied bringen
würde.
Im Agrarbereich enthält der Text eine begrüßenswerte Zusage zum
Recht der Entwicklungsländer, Produkte, die lebenswichtig für arme
Bauen sind, schützen zu können. Es gibt auch die Absichtserklärung,
Exportsubventionen und gleichartige Zahlungen bis zum Jahr 2013
abzuschaffen. Aber das ist drei Jahre später, als ursprünglich
erhofft. In der EU machen diese Exportsubventionen nur 3,5 % ihrer
gesamten Agrarbeihilfen aus.
Landwirtschaft ist der Bereich, der für Entwicklungsländer am
wichtigsten ist, aber der Großteil der Verhandlungen steht immer noch
bevor. Der Text enthält weder ein Angebot der reichen Länder, ihre
internen Beihilfen, die zu Dumping führen zu kürzen, noch geht er
darauf ein, die Disziplin bei den erlaubten Beihilfen zu verschärfen.
Es gibt keine Garantie, dass die Entwicklungsländer einen wesentlich
größeren Zugang zu den Märkten der reichen Länder erhalten werden.
Bei Baumwolle haben die USA angeboten, alle Formen der
Exportsubventionen abzuschaffen. Das ist begrüßenswert, aber dazu
sind sie nach einem Urteil der WTO-Streitschlichtungskommission
ohnehin verpflichtet, und diese Zahlungen machen nur 10% ihrer
Baumwollsubventionen aus. Der Text geht überhaupt nicht auf das
Kernproblem der internen Stützungen ein, die nachweislich
handelsverzerrend sind und Dumping begünstigen.
In anderen Verhandlungsbereichen - bei Dienstleistungen und
Marktzugang für Nichtagrargüter - haben sich die Vorschläge von
schlecht zu schlechter entwickelt. Das Recht der armen Länder, ihre
grundlegenden Dienstleistungen und sich entwickelnde Industrien zu
schützen, wurde umfassend unterminiert, mit düsteren Aussichten für
ihre künftige Entwicklung.
Das viel gerühmte "Entwicklungspaket" für die ärmsten Länder ist
zusammengeschrumpft und enthält nahezu leere Angebote von
Entwicklungshilfe für Handel, mit sehr wenig neuem Geld und ein
verwässertes Paket mit zoll- und quotenfreiem Marktzugang, das den
reichen Ländern immer noch die Möglichkeit lässt, entscheidende
Produkte - lebenswichtig für die Erwerbsgrundlage von Millionen armer
Menschen - vom Marktzugang auszuschließen.
Bloomer: "Da ist nichts frei an diesem Angebot des zoll- und
quotenfreien Marktzugangs. Die reichen Länder haben immer noch die
Möglichkeit, wichtige Produkte wie Textilien zu schützen. Es ist
kläglich, dass man auf diesem Treffen noch nicht einmal in der Lage
war, Einigung über ein Paket für die ärmsten Länder zu erzielen."
Quelle: Pressemitteilung Oxfam Deutschland e.V.