Hartz IV-Empfänger werden von Arbeitsverwaltung zu kostenloser Arbeit gezwungen
Archivmeldung vom 27.08.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlEmpfänger von Arbeitslosengeld II werden nach Recherchen von REPORT MAINZ im Rahmen von Praktika zu kostenloser Arbeit gezwungen. Bezieher von ALG II müssten unter Androhung einer Kürzung ihrer Bezüge oft sogar monatelang auf regulären Arbeitsplätzen arbeiten ohne dafür zusätzlich entlohnt zu werden.
Das berichtet das
ARD-Politikmagazin in seiner Sendung am Montag, 27. August 2007.
Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank
Bsirske, verurteilte diese Praxis im Interview mit REPORT MAINZ
scharf: "Ich empfinde das als absoluten Skandal, weil hier Menschen
im Grunde gezwungen werden, zu Armutslöhnen zu arbeiten und reguläre
Arbeitsplätze systematisch ersetzt werden durch Billigst- und
Dumpingarbeitsplätze in einer offensichtlich rechtswidrigen Praxis."
Die gesetzlichen Grundlagen sehen vor, dass diese Praktika im
Regelfall vier bis acht Wochen dauern dürfen, im Ausnahmefall bis
zwölf Wochen.
REPORT MAINZ liegen zahlreiche Praktikanten-Verträge vor, die deutliche Überschreitungen dieser Grundlagen zeigen. Praktikanten wurden zum Beispiel neun Monate als Autoputzer, sechs Monate als Lagerarbeiter oder vier Monate als Gärtner beschäftigt. In einem Urteil des Sozialgerichts Aachen vom März dieses Jahres hieß es "Unentgeltliche Arbeit ist nicht zumutbar". Das Busunternehmen, in dem ein Praktikant auf ALG II Basis vier Monate gearbeitet hatte, sei durch insgesamt sieben Praktikanten um 28 Busfahrer-Monatsgehälter entlastet worden. Der Sozialrichter Michael-Wolf Dellen sagte im Interview mit REPORT MAINZ: "Ein regulärer Arbeitsplatz fiel dadurch weg." Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte im Interview mit REPORT MAINZ weiter: "Ich hätte den Behörden einiges zugetraut, aber eine solche Art der Geschäftemacherei, die darauf hinausläuft, private Unternehmen zu bedienen, indem ihnen im Grunde Billigstarbeitskräfte zugewiesen werden, das hat bis vor Kurzem mein Vorstellungsvermögen überstiegen."
Quelle: Pressemitteilung SWR