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EU-Studie zu Menschenhandel: Mehr Opfer, weniger Verurteilte

Archivmeldung vom 15.04.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.04.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Das Rotlichtviertel von Frankfurt am Main bei Nacht
Das Rotlichtviertel von Frankfurt am Main bei Nacht

Foto: Arne Hückelheim
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

In der Europäischen Union werden immer mehr Menschen als Prostituierte oder Zwangsarbeiter ausgebeutet. Das ist das Ergebnis der ersten umfassenden Studie der EU zum Thema Menschenhandel, die der "Welt am Sonntag" exklusiv vorliegt.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wird den Bericht am Montag in Brüssel vorstellen. Demnach ist die offizielle Zahl der Opfer von Menschenhandel zwischen 2008 und 2010 um 18 Prozent gestiegen: von 6.309 auf 9.528 im Jahr. Der Studie zufolge schaffen es die EU-Mitgliedsländer offenbar nicht, das Problem der organisierten Kriminalität in den Griff zu bekommen.

Die Zahl der verurteilten Menschenhändler ist in den Berichtsjahren um 13 Prozent gesunken, von 1.534 im Jahr 2008 auf 1.339 im Jahr 2010. In Deutschland gingen die Verurteilungen sogar um 15 Prozent zurück, von 155 auf 131. "Ich bin sehr enttäuscht zu sehen, dass trotz der alarmierenden Tendenzen nur wenige Länder die neue EU-Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt haben", sagte Malmström der "Welt am Sonntag". Diese Kritik richtet sich auch gegen Deutschland. Die Bundesregierung hat es bisher nicht geschafft, die Vorgaben aus Brüssel gesetzlich zu verankern, weil sich Union und FDP nicht auf ein schärferes Strafrecht einigen konnten.

Ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der "Welt am Sonntag", das Ministerium habe bereits vor Monaten einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser führe zu einer "Ausdehnung der Menschenhandelsstarfbarkeit", wie es die Richtlinie vorsehe. Das CSU-geführte Innenministerium will bei diesem Thema strengere Regeln im Strafrecht einführen, nach Informationen der "Welt am Sonntag" hat es allerdings noch keinen eigenen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt.

Die EU-Richtlinie soll helfen, Menschenhandel effektiver zu bekämpfen und die Rechte der Opfer zu stärken. Bisher haben erst fünf von 27 Mitgliedsländern sie vollständig umgesetzt. "Es ist schwer vorstellbar, dass in unseren freien und demokratischen EU-Ländern Zehntausenden Menschen die Freiheit entzogen wird, dass sie gehandelt werden wie Waren", sagte Malmström. "Doch das ist die traurige Wahrheit: Menschenhandel ist überall um uns herum, näher als wir denken."

Die Kommissarin forderte die säumigen Staaten auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Laut EU-Studie wurden von 2008 bis 2010 in der EU 23.623 Opfer von Menschenhandel offiziell registriert. 68 Prozent waren Frauen, zwölf Prozent Mädchen, 17 Prozent Männer und drei Prozent Jungen. Zwei von drei Betroffenen wurden zur Prostitution gezwungen (68 Prozent). Andere wurden als Arbeitskräfte ausgebeutet, zu Straftaten gezwungen oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen. Die meisten Opfer (61 Prozent) kamen aus EU-Ländern, vor allem aus Rumänien und Bulgarien, gefolgt von Afrika und Südamerika. Die EU-Kommission geht davon aus, dass diese Zahle "nur die Spitze des Eisbergs" sind.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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