Greenpeace-Recherche: Polizei in Weißrussland setzt deutsche Waffen ein
Archivmeldung vom 28.08.2020
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Freigeschaltet durch André OttSpezialeinheiten der Polizei in Weißrussland nutzen deutsche Waffen. Das zeigt eine Greenpeace-Recherche anlässlich des brutalen Umgangs mit Demonstrierenden in zahlreichen belarussischen Städten nach dem mutmaßlichen Betrug zur Präsidentschaftswahl im Land.
Zu den Rüstungsgütern zählen die Maschinenpistolen MP5 des Waffenherstellers Heckler & Koch sowie Pistolen vom Typ P226 von Sig Sauer, belegen von Greenpeace ausgewertete Videos und Fotos. Die Polizei und insbesondere auch Spezialeinheiten setzen zudem Streifenwagen und Truppentransporter von VW ein.
"Die Gewaltexzesse in Belarus zeigen einmal mehr, dass exportierte Waffen auch Jahrzehnte später gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden", sagt Fabian Schwalm, Greenpeace-Sprecher für Waffenexporte. "Rüstungsexporte außerhalb der EU destabilisieren und schaffen Unsicherheit." Die Friedens- und Umweltschutzorganisation fordert ein Verbot von Rüstungsexporten in Länder außerhalb der EU, in Konfliktregionen und in Länder, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden.
Bildmaterial von Schießwettkämpfen belegt, dass belarussische Spezialeinheiten wie die für ihre Gewaltbereitschaft bekannte "Group Alpha" (KGB) und "Almaz" (Innenministerium) die deutschen Maschinenpistolen von Heckler & Koch seit Jahren verwenden. Amtliche Dokumente zeigen, dass Polizeieinheiten die P226 Sig-Sauer-Pistolen nutzen. Auch ein Bildbeweis mit Seriennummer und deutschem Beschusszeichen belegt, dass die Einheiten die deutschen Pistolen verwenden.
Exportweg von Waffen nach Belarus ist intransparent
Seit 2011 untersagt ein EU-Embargo gegen Belarus den Export von Waffen und weiterer Ausrüstung, die die Polizei zur Ausübung von Gewalt nutzen kann. Ob die genannten Waffen vor oder nach dem Embargo nach Belarus gelangten, lässt sich anhand der offiziellen Rüstungsexportberichte der Bundesregierung nicht vollständig klären. Maschinenpistolen sind darin nicht enthalten, Pistolen nur in begrenztem Ausmaß im Jahr 2004. Der tatsächliche Weg der Waffen nach Belarus lässt sich nicht lückenlos nachvollziehen. "Es bleiben große Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Waffenexporte. Wir fordern daher Aufklärung von der Bundesregierung, wie die Waffen nach Belarus gelangen konnten", sagt Schwalm. "Wenn Heiko Maas beim Treffen der Außenminister zur Lage in Belarus berät, dann sollte er dort auch über ein striktes Rüstungsexportverbot sprechen. Nur so kann verhindert werden, dass Waffen über legale oder illegale Wege in Kriegs- und Krisengebiete gelangen."
Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Kantar im Auftrag von Greenpeace ergab Mitte Februar: 70 Prozent aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind für ein Gesetz gegen Waffenlieferungen an Krieg führende Staaten, in Krisengebiete sowie an Länder außerhalb der EU.
Quelle: Greenpeace e.V. (ots)