Michel Friedman im stern-Streitgespräch mit Jürgen Trittin gegen deutsche Beteiligung an UN-Friedenstruppe im Südlibanon
Archivmeldung vom 02.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGegen eine Beteiligung deutscher Soldaten an einer UN-Friedenstruppe im Südlibanon gibt es Widerstand auch aus der jüdischen Gemeinde. Michel Friedman, bis 2003 Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat diese Idee in einem Streitgespräch mit dem Grünen-Politiker Jürgen Trittin im Hamburger Magazin stern strikt abgelehnt.
"Überschätzen Sie nicht dieses
Deutschland. Und überschätzen Sie bitte nicht die Fähigkeit dieser
Bundeswehr", sagte er. Im Nahen Osten herrsche Krieg. Und bei solchen
Einsätzen müsse man "sehr viel Erfahrung haben".
Friedman übte harsche Kritik an der westlichen Welt und sprach von
"Heuchlerei und unerträglicher Doppelmoral". Nachdem "die UN, die
EU, die Bundesrepublik, die Blinden, die Heuchler" jahrelang trotz
gegenteiliger Zusagen nichts gegen die Aufrüstung der Hisbollah und
deren Angriffe auf Israel unternommen hätten, dürfe die Welt heute
"Israel nicht vorwerfen, dass es die Arbeit der Weltgemeinschaft
macht, um seine Existenz zu sichern". Israel dürfe kein Risiko
eingehen und keinen Krieg verlieren. "Sonst gibt es Israel nicht
mehr."
Jürgen Trittin räumte im stern gegenüber Friedman ein, dass die
Weltgemeinschaft im Umgang mit der Hisbollah Fehler gemacht habe,
betonte aber zugleich: "Jetzt machen Israeli Fehler". Trittin
forderte einen "sofortigen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen".
Denn: "Das Leid der Menschen duldet keinen Aufschub mehr." Trittin
kritisierte die israelische Strategie, auch Stellungen der
libanesischen Armee zu beschießen. Damit verhindere das Land, was es
eigentlich wolle: rechtsstaatliche und friedliche Verhältnisse im
Libanon.
Deutliche Kritik übte der Außenpolitik-Experte der Grünen-Fraktion
auch an der Bundesregierung. Diese habe viel zu lange gezögert, bis
sie sich diplomatisch engagiert habe. "Gerade weil wir Deutschen
gute Freunde Israels sind und gute Beziehungen in die arabische Welt
haben, hätte die Bundesregierung frühzeitig mehr machen müssen. Sie
hätte innerhalb der G8 auf einen sofortigen Waffenstillstand dringen
müssen."
Quelle: Pressemitteilung stern, G+J