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Ökonom Stiglitz erwartet Euro-Austritt Italiens

Archivmeldung vom 06.10.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.10.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Joseph Stiglitz (2002)
Joseph Stiglitz (2002)

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Star-Ökonom Joseph Stiglitz glaubt nicht, dass Italien künftig noch Teil der Eurozone sein wird. "Wenn ich mich mit Italienern unterhalte, spüre ich, dass die Menschen dort zunehmend enttäuscht sind vom Euro", sagte der Nobelpreisträger im Gespräch mit der "Welt". Die Enttäuschung breite sich unter Wissenschaftlern und führenden Politikern aus. "Den Italienern wird gerade klar, dass Italien im Euro nicht funktioniert. Das ist für die Italiener emotional wirklich schwierig, und sie haben sich lange geweigert, diese Einsicht zu akzeptieren."

Ohne weitere tiefgreifende Reformen werde die Währungsunion nicht weiter funktionieren, sagte Stiglitz. Er erwarte nicht, dass die europäische Politik die immer noch kriselnde Eurozone langfristig retten kann. Den Mitgliedsländern mangele es an Entschiedenheit, die notwendigen tiefgreifenden Reformen wie etwa die Schaffung einer Bankenunion oder einer gemeinsamen Einlagensicherung anzugehen. "Die Entschlossenheit fehlt", sagte Stiglitz.

"Mir macht die Geschwindigkeit Sorgen, mit der die Entscheidungen in Europa ablaufen. Die Politik einigt sich darauf, was getan werden muss, aber dann wird blockiert, getrödelt und sich Zeit gelassen." In Europa fehle es an der nötigen Solidarität über Grenzen hinweg. Deshalb werde der gemeinsame Währungsraum vermutlich in den kommenden Jahren zerbrechen, sagte der Ökonom der "Welt".

"Es wird in zehn Jahren noch eine Eurozone geben, aber die Frage ist, wie sie aussehen wird. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie immer noch 19 Mitglieder haben wird. Es ist schwer zu sagen, wer dann noch dazugehören wird." Deutschland habe beispielsweise schon akzeptiert, dass Griechenland die Eurozone verlassen werde. In der Vergangenheit hatte Stiglitz bereits Portugal und Griechenland geraten, aus der Eurozone auszutreten.

Stiglitz macht den Euro aber auch die deutsche Austerititätspolitik verantwortlich für die wirtschaftlichen Probleme Europas. Die Auflösung der Gemeinschaftswährung oder der Bruch in einen Nord-Euro und e inen Süd-Euro seien deshalb die einzig realistischen Optionen, die lahmende Wirtschaft des Kontinents wieder in Schwung zu bringen.

"Die Krise begann in den USA, aber die Wirtschaft dort erholt sich wieder, während die Euro-Zone vor sich hindümpelt", sagte der Ökonom, der in der Vergangenheit Chefökonom der Weltbank war. Beide Wirtschaftsräume seien ähnlich aufgestellt, verfügten über ähnliches Humankapital, ähnliche Bodenschätze und ähnliche Institutionen. "Der große Unterschied ist der Euro", sagte Stiglitz. Die gemeinsame Währung belaste die europäische Wirtschaft.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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