Joschka Fischer fordert höhere Investitionen in Verteidigung und EU
Archivmeldung vom 18.05.2018
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Freigeschaltet durch André OttDeutschland investiert laut dem früheren Bundesaußenminister Joschka Fischer seit Jahren zu wenig in seine Verteidigung. Es sei ein "Armutszeugnis", dass der Bundeswehr U-Boote und kampffähige Eurofighter fehlen, sagte Fischer in der aktuellen Ausgabe des "Spiegels". "Wenn Sie mich fragen, ob wir uns selbst verteidigen können, dann ist die klare Antwort: nein." Das deutsche "Windschattenfahren" unter dem Schutzschild der USA sei zwar bequem und historisch verständlich gewesen, "aber das ist vorbei".
Das transatlantische Verhältnis habe unter Donald Trump seine Selbstverständlichkeit verloren, es gehe bei der Frage der deutschen Verteidigung aber nicht um Trump: "Wir müssen ein Minimum an Verteidigungsfähigkeit haben, sonst leidet Europa." Fischer meint zur Frage nach einer eigenständigeren europäischen Außenpolitik nach dem Ausstieg der USA aus dem Iran-Deal: "Das ist leicht gesagt. Das muss man machen." Deutschland und Frankreich müssten in der EU vorangehen. "Ohne Deutschland geht es nicht. Wenn wir meinen, wir müssten uns weiter im Windschatten der Weltgeschichte aufhalten, werden die Europäer nicht handlungsfähig." Er rate dazu, massiv in Europa zu investieren. "Wir müssen unsere finanzielle Macht in politische Macht umwandeln." Die deutsche Sorge, dass alle "nur unser Geld" wollten, sei eine Selbstblockade.
"Das ist die Rückkehr zur deutschen Zipfelmütze", so Fischer. "Gegenüber der Pickelhaube und dem Stahlhelm ist das ein Fortschritt, aber angesichts der dramatischen geopolitischen Situation ein Fehler." Im Bundestagswahlkampf hätten fast alle Parteien zu Europa geschwiegen, beklagte Fischer. "Man kann solche historischen Zäsuren nicht beschweigen, man muss sie erklären. Das betrifft nicht allein die Kanzlerin." Nur die AfD habe über Europa geredet. Bei Macron komme Europa dagegen von Herzen. "Er weiß: Wenn Europa bei der Ausgestaltung der neuen Weltordnung nicht dabei ist, nicht nur machtpolitisch, auch technologisch, dann wars das."
Quelle: dts Nachrichtenagentur