Supermärkte und Kinderernährung in Afrika
Archivmeldung vom 30.11.2019
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtUnterernährung ist in Afrika nach wie vor ein weit verbreitetes Problem. Gleichzeitig nehmen Übergewicht, Adipositas und chronische Folgekrankheiten zu. Frühere Forschung zeigte, dass die rasche Ausbreitung von Supermärkten zu mehr Übergewicht beiträgt, weil Supermärkte im Vergleich zu traditionellen Märkten stärker verarbeitete Lebensmittel verkaufen. Allerdings wurden bisher nur Daten von Erwachsenen analysiert. Eine neue Studie der Universität Göttingen zeigt nun, dass Supermärkte bei Kindern nicht zu Übergewicht beitragen, sondern umgekehrt das Problem der Unterernährung verringern. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Global Food Security veröffentlicht.
Für die Studie sammelten Agrar- und Ernährungsökonomen der Universität Göttingen über einen Zeitraum von drei Jahren Daten von über 500 zufällig ausgewählten Kindern in Kenia. Die Daten zeigen, dass Kinder in Haushalten mit gutem Zugang zu einem Supermarkt signifikant besser ernährt sind als Kinder in der Kontrollgruppe. Der Einkauf von Lebensmitteln im Supermarkt hat vor allem einen positiven Effekt auf die Körpergröße, und zwar auch nachdem für Alter, Einkommen und andere Faktoren kontrolliert wurde. Kleinwuchs ist bei Kindern der am häufigsten verwendete Indikator für chronische Unterernährung, der eng mit anderen Entwicklungsstörungen korreliert ist.
„Wir waren von den Ergebnissen zunächst überrascht, weil vielfach angenommen wird, dass Supermärkte in Afrika vor allem ungesunde Snacks und Convenience-Produkte verkaufen“, sagt Erstautorin Dr. Bethelhem Legesse Debela. „Allerdings zeigen unsere Daten, dass Haushalte, die Supermärkte nutzen, auch regelmäßiger gesunde Lebensmittel wie Obst und tierische Produkte konsumieren.“ Prof. Dr. Matin Qaim, der Leiter der Studie, fügt hinzu: „Nicht alle verarbeiteten Produkte sind ungesund. Verarbeitung kann die Haltbarkeit und Hygiene verbessern. Vor allem arme Haushalte in Afrika haben oftmals keinen regelmäßigen Zugang zu leicht verderblichen Frischeprodukten.“
Die Ergebnisse zeigen, dass Modernisierungen im Lebensmitteleinzelhandel vielschichtige Effekte auf die Ernährung haben können, die im lokalen Kontext analysiert werden müssen. Die Vereinten Nationen wollen bis 2030 den globalen Hunger in all seinen Formen beenden. „Das kann nur gelingen, wenn die komplexen Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, Ernährung und Gesundheit gut verstanden sind und lokal angepasste Politiken identifiziert und umgesetzt werden“, so die Autorinnen und Autoren.
Quelle: Georg-August-Universität Göttingen (idw)