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Henry Kissinger berät US-Präsident Bush

Archivmeldung vom 27.06.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der legendäre frühere US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger berät auch 30 Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Amt immer noch den US-Präsidenten in Fragen der Weltpolitik. Er helfe US-Präsident George W. Bush, "eine philosophische und konzeptionelle Perspektive zu entwickeln".

Präsidenten brauchten einige Personen, "die nicht im Stab sitzen, mit denen sie die großen Linien diskutieren können", sagte der 84-jährige Kissinger dem ZEITmagazin LEBEN. So spreche er mit dem Präsidenten alle vier bis sechs Wochen zwar nicht über aktuelle Politik, aber über "künftige Strategien, über außenpolitische Entwicklungen, über Beziehungen zu anderen Ländern, etwa zu China, Korea, Russland oder Iran".

Kissinger verteidigt Bush gegen Kritik. Bush sei zwar "für Europäer schwer zu verstehen, weil er aus einem Teil des Landes stammt, das wenig Beziehungen zum Ausland hat." Er halte ihn aber für "intelligent, auch wenn seine Kritiker das Gegenteil behaupten; ein Mann der gute Fragen stellt." Bush habe begriffen, dass "die sogenannte terroristische Herausforderung ein weltweites Phänomen ist. Er übernimmt für seine Entscheidung die Verantwortung. Er ist mit sich im Reinen."

Kissinger sieht den Einfluss der USA auf die Weltgemeinschaft als begrenzt an. Im Gegensatz zu der politischen Denkschule der Neokonservativen glaube er, "dass wir Amerikaner weder das Wissen, noch das Talent, noch die Ausdauer besitzen, um die Paten des Universums zu sein". Die Neocons dagegen seien "auf der Suche nach weltweiter Harmonie, nach universeller Glückseligkeit, erreicht durch Regimewechsel".

Henry Kissinger zum Irakkrieg: Verletzungen gehen tiefer als in Vietnam

Der Irakkrieg wird nach Einschätzung des früheren US-Außenministers Henry Kissinger noch schlimmere Auswirkungen für die USA nach sich ziehen als der Vietnamkrieg. "Die Verletzungen durch den Irakkrieg werden noch tiefer gehen", sagt der 84-Jährige dem ZEITmagazin LEBEN. Nach dem Ende des Vietnamkriegs habe sich Südostasien stabilisiert. "Aber den Mittleren Osten zu stabilisieren ist viel schwieriger", sagt Kissinger, der für den von ihm ausgehandelten Waffenstillstand in Vietnam den Friedensnobelpreis erhielt.

Kissinger spricht sich trotz seiner Analyse gegen einen schnellen Abzug der US-Truppen aus dem Irak aus. Die Lösung müsse vielmehr politisch sein. "Selbst wenn die amerikanischen Truppen das Land vollständig verlassen würden, gingen die Kämpfe weiter. Auch der Konflikt im Mittleren Osten wäre nicht gelöst", sagt er.

Dreh- und Angelpunkt der von Kissinger geforderten politischen Lösung sei Iran. "Sehr viel dreht sich um das Verhältnis zwischen Iran und den Vereinigten Staaten." Ehe es bei Verhandlungen zwischen den beiden Ländern Fortschritte gebe, müssen nach seiner Ansicht drei Ziele erreicht werden: "Erstens müssen beide Seiten zu der Überzeugung gelangen, dass weder einer von ihnen selbst noch irgendjemand anders seine Ziele militärisch erreichen kann. Zweitens ist ein Umfeld erforderlich, in dem ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte herrscht. Drittens braucht es eine zusammenhängende, zielgerichtete und entschlossene Diplomatie. Ich denke, beide Seiten tasten sich in dieser Richtung voran", sagt der Ex-Diplomat, der heute in New York eine Beraterfirma betreibt.

Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT

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