Liebich (Linke): Ideologische Gründe bei Zuspitzung der griechischen Schuldenkrise
Archivmeldung vom 29.06.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittStefan Liebich (Linke) sieht ideologische Differenzen als Grund für die Zuspitzung der Euro-Krise. "Man will, dass die griechische Regierung scheitert", sagte der Bundestagsabgeordnete in der phoenix-Sendung Unter den Linden (Ausstrahlung am heutigen Montag, 29. Juni 2015, 22.15 Uhr). Man wolle die Griechen spüren lassen, dass sie die Falschen gewählt hätten. Aber die Bürger würden deshalb nicht zu den Parteien Pasok oder Nea Dimokratia zurückkehren. "Das wird nicht klappen. Ich fürchte, dass der lachende Dritte in diesem Fall die Rechtsradikalen von der Goldenen Morgenröte sein werden."
Liebich zog bei seiner Argumentation den Vergleich zu Ungarn. Dort gebe es einen konservativen Staatschef, der sage, er wolle die Todesstrafe wieder einführen und sehe das illiberale Modell Russland als Vorbild, so der Linken-Politiker. Dort seien abenteuerliche Gesetze beschlossen worden. "Und da wird nicht einmal das Mittel, das in der Europäische Union zur Verfügung steht, Stimmrechte zu entziehen oder für eine Zeit lang außer Kraft zu setzen, diskutiert", sagte er. "Ich glaube schon, dass das daran liegt, dass das eine bestimmte ideologische Richtung ist", so Liebich zum Verhalten gegenüber Ungarn und Griechenland.
Mißfelder: Griechenland hat sich ins Abseits manövriert
CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder hat das Verhalten der griechischen Regierung im Schuldenstreit heftig kritisiert. "Für Europa ist das sicherlich kein gutes Wochenende gewesen", sagte der außenpolitische Sprecher in der phoenix-Sendung Unter den Linden. "Die Griechen haben sich sehr ins Abseits manövriert und die Solidarität der Europäer sehr überstrapaziert in den vergangenen Wochen." Das angekündigte Referendum hätte schon vor Wochen stattfinden können, Mißfelder bewertet es als "absichtlich chaotisierende Situation" in der Hoffnung, dass die Europäer nachgeben. Dass die griechische Regierung auch noch empfehle, mit Nein zu stimmen, hält er für unverantwortlich.
Mit Blick auf Flüchtlingsproblematik und Euro-Krise sagte Mißfelder: "Die EU befindet sich leider in einer sehr tiefen Krise."
SPD-Politiker: "Desaster für Menschen in Griechenland verhindern"
Kein Grexit, aber Zugeständnisse der griechischen Regierung - dafür wirbt Norbert Spinrath (SPD). "Das darf und muss nicht das Ende der Euro-Zone sein", so der europapolitische Sprecher der Bundestagsfraktion im phoenix-Interview zur Zuspitzung der Schuldenkrise. "Die Euro-Zone muss Glaubwürdigkeit und Stabilität bewahren und erhalten. Sie steht für das Projekt Europa, das ansonsten in Gefahr gerät. Und damit meine ich Gesamteuropa", sagte er. "Aber die griechische Regierung muss begreifen, dass sie nicht ohne Zugeständnisse, nicht ohne jede Bedingung weiter dabei sein kann." Ein Referendum wäre zum Abschluss einer Maßnahme durchaus richtig und wichtig gewesen, so Spinrath. "Aber als Drohkulisse ein Referendum aufzubauen, um dann eine Empfehlung abzugeben, mit Nein zu stimmen, um anschließend am Verhandlungstisch weiter verhandeln zu können, das ist der falsche Weg." Er hoffe nun auf ein klares Ja und ein Europa-Bekenntnis der griechischen Bevölkerung.
Er hätte sich gewünscht, dass die Euro-Finanzminister die Dinge "mehr politisch und nicht nur mit dem Rechenschieber betrachten", sagte der SPD-Politiker weiter. Aber man müsse jetzt nach vorne schauen, und "ein Desaster für die Menschen in Griechenland und die Idee Europa" verhindern.
Grünen-Politiker zum griechischen Schuldendrama: "Alle Seiten haben sich verzockt"
Sven-Christian Kindler (Grüne) dringt darauf, den Grexit abzuwenden. "Alle Seiten haben sich verzockt", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion im phoenix-Interview. Griechische Regierung, Bundesregierung und Institutionen ständen vor einem Scherbenhaufen der Verhandlungen. "Wir müssen jetzt sehen, wie wir noch die Kuh vom Eis kriegen und Griechenland weiter im Euro bleiben kann." Alle Beteiligten dürften ein Zerbröseln Europas und der Euro-Zone nicht akzeptieren. Man müsse Griechenland ein Angebot mit gerechter Umschuldung und gerechten Reformen machen. "Das hat die Bundesregierung leider nicht gemacht", so Kindler. Nun müsse es einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs geben und man müsse das Referendum in Griechenland respektieren. Der Grünen-Politiker zeigte sich überzeugt davon, dass die Bevölkerung mit "Ja" stimme. Dann müsse man weiter verhandeln, sagte er.
Quelle: PHOENIX (ots)