HNC fordert mehr europäisches Engagement im Syrien-Krieg
Archivmeldung vom 12.09.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSyriens wichtigstes Oppositionsbündnis hat die europäischen Länder aufgefordert, sich politisch stärker für eine ein Ende des seit fünf Jahren währenden Bürgerkriegs und eine Verhandlungslösung des Konflikts zu engagieren. Die Staaten Europas hätten "Großartiges auf der humanitären Seite geleistet", sagte Salem al-Meslet, Sprecher des Hohen Verhandlungskomitees (HNC), der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe).
Das Bündnis, in dem Dutzende syrische Oppositionsgruppen zusammenarbeiten, wolle aber "eine größere, eine wirkliche Rolle" der europäischen Staaten bei der Lösung des Syrien-Konflikts. Al-Meslet stellte zugleich klar, dass er damit nicht militärisches Engagement dort meine. Von den jüngsten Verhandlungen zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow über den Plan für eine neue Waffenruhe seien die Europäer "ausgeschlossen" gewesen, sagte al-Meslet weiter und wies auf die eigenen Interessen der EU-Staaten hin: "Ich glaube, der Effekt, ob er negativ oder positiv sein wird, betrifft vor allem Europa. Es sind Hunderttausende Syrer in Europa, sie sind nicht in Russland. Das setzt die Politik in Europa unter Druck. Sie sollte also nicht Russland als einzigem Akteur das Feld überlassen." Je früher die Probleme in Syrien gelöst würden, "desto früher werden auch Syrer in ihre Heimat zurückkehren können, wenn sie dort sicher sind vor Bomben und Terrorismus", fügte er hinzu.
In Syrien sollte Montagabend mit Sonnenuntergang landesweit eine Waffenruhe in Kraft treten, in den Stunden zuvor gab es aber weiter heftige Gefechte und schwere Luftangriffe vor allem in den Provinzen Aleppo und Idlib. Oppositionssprecher al-Meslet forderte von den USA Garantien, dass die Waffenruhe diesmal eingehalten werde. Es müsse bei der geplanten militärischen Kooperation zwischen Moskau und Washington sichergestellt werden, dass weder Zivilisten noch moderate Gruppen ins Visier genommen würden und "nicht Schulen und Märkte bombardiert werden, wie es das Regime und Russland bislang getan haben".
Eine im Februar in München ausgehandelte Feuerpause war nach Wochen zusammengebrochen, weil das Regime und Russland Angriffe auf Rebellengebiete flogen. Al-Meslet sagte weiter, die Frage sei, ob in den bislang nur in ihren Grundzügen veröffentlichten Vereinbarungen ein Mechanismus vorgesehen sei, um Verletzungen der Waffenruhe zu stoppen. "Wenn das Regime oder sogar die Opposition die Feuerpause verletzt - gibt es dann eine Regelung in der Vereinbarung, dass der UN-Sicherheitsrat eingeschaltet wird? Dass etwa eine Resolution nach Kapitel sieben erfolgt?", fragte al-Meslet. Eine solche Resolution würde den Einsatz von Gewalt zur Wiederherstellung des Friedens rechtfertigen. Bislang hat Russland jeden solchen Vorstoß mit seinem Veto blockiert.
Al-Meslet zeigte sich offen für eine neue Runde der Friedensgespräche unter UN-Vermittlung in Genf, die Vermittler Staffan de Mistura nach Ansicht des russischen Vizeaußenministers Michail Bogdanow Anfang Oktober einberufen sollte. Sie hätten aber nur Sinn, wenn es einen Partner gebe, der ernsthaft bereit sei, über einen politischen Übergang nachzudenken. Die Regierung lehnte es bisher kategorisch ab, über die Zukunft von Staatschef Assad auch nur zu sprechen - sein Rückzug spätestens im Laufe der Verhandlungen ist aber weiter die wichtigste Forderung des HNC.
Quelle: dts Nachrichtenagentur