Außen-Staatsminister Roth vor Erdogan-Besuch: "Da geht es zur Sache - es gibt keinen Schmusekurs"
Archivmeldung vom 27.08.2018
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Freigeschaltet durch André OttIn der Bundesregierung gibt es nach den Worten des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), derzeit keine Überlegungen, die Türkei finanziell zu unterstützen. "Wir denken nicht an direkte Hilfen, aber wir haben ein Interesse daran, dass die Türkei stabil bleibt", sagte Roth in der Sendung "unter den linden" im Fernsehsender phoenix (Sendetermin: heute, 22.15 Uhr). Deutsche Investitionen blieben für Ankara aber nach wie vor wichtig.
Eine Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehungen könne es aktuell nicht geben. "Ich sehe dafür keine Grundlage", so Roth. Noch immer säßen deutsche Staatsbürger ungerechtfertigt in türkischen Gefängnissen. Der Staatsminister kündigte an, die Bundesregierung werde beim Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan Ende September in Deutschland klare Worte finden. "Da geht es zur Sache - es gibt keinen Schmusekurs." SPD-Chefin Andrea Nahles hatte vor einigen Tagen deutsche Hilfen für die wirtschaftlich angeschlagene Türkei ins Gespräch gebracht.
Der Bundestagsabgeordnete und frühere Parteivorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Cem Özdemir, wandte sich ebenfalls gegen Finanzhilfen ohne Gegenleistungen durch die Türkei. "Das ist eine Erdogan-Krise und deshalb ist es richtig, dass Deutschland jetzt nicht mit dem Füllhorn nach Ankara geht", erklärte Özdemir. Die Türkei müsse zunächst ihre Hausaufgaben machen und politische wie wirtschaftliche Reformen einleiten. "Die Gefangenen, die zu Unrecht in den Gefängnissen sitzen, müssen freigelassen werden. Vorher gibt es keinen Cent", machte der Grünen-Politiker seinen Standpunkt deutlich. Özdemir regte an, im Zusammenhang mit der Türkei erneut über eine Deckelung von Hermes-Bürgschaften nachzudenken, mit denen deutsche Exportunternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner geschützt werden. "Ich gehe jede Wette ein, dass die türkische Regierung darauf reagieren wird", so Özdemir.
Quelle: PHOENIX (ots)