Diamantenindustrie kann ihre Hände nicht reinwaschen
Archivmeldung vom 14.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Diamantenindustrie ist in heller Aufregung: der Hollywoodfilm "Blood Diamond" mit Leonardo DiCaprio zeigt, wie der Handel mit Diamanten den Bürgerkrieg in Sierra Leone befeuert hat. Die Industrie zeigt sich empört: Das Thema "Blutdiamanten" sei doch längst Geschichte.
Doch die Bewohner in den Diamantenregionen wissen anderes zu
berichten, der Abbau der Steine destabilisiert ganze Regionen, die
Friedensdividende ist vielfach ausgeblieben.
"Auch nach dem Ende vieler diamantenfinanzierten Kriege in Afrika
führt der Abbau von Diamanten zu massiven Menschenrechtsverletzungen.
Hochglanzbroschüren der Industrie, in denen als Blutdiamanten nur
jene gelten, mit denen Rebellen ihre Kriege finanzieren, reichen
nicht aus, um diese Grausamkeiten wegzupolieren" - so Anne Jung von
der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international, einer
Gründungsorganisation der internationalen Kampagne Fatal
Transactions.
In Angola werden nach Kriegsende als Kleinstunternehmer tätige
Diamantenschürfer von privaten Sicherheitsfirmen schikaniert,
gefoltert und sogar ermordet. Die Sicherheitsfirmen vertreten die
Interessen multinationaler Bergbauunternehmen und der Regierung.
Ganze Regionen werden privatisiert und vollkommen dem Gesetz der
Abbaufirmen unterworfen - die Menschen müssen sich zu den
unmenschlichsten Bedingungen in den Minen verkaufen.
"In Sierra Leone leiden die Menschen in den betroffenen Gemeinden
unter Zwangsräumungen, Schikanierungen durch die Diamantenfirmen,
Sprengarbeiten, der Zerstörung und Enteignung ihres Farmlandes ohne
angemessene Entschädigung und sklavenähnliche Arbeitsbedingungen in
den Minen. Das alles führt zu vielen sozialen Auseinandersetzungen",
sagt Abu Brima von dem Network Movement for Justice and Development
(NMJD) in Sierra Leone.
Die Diamantenindustrie führt aus, dass Rohdiamanten, die von
Rebellenbewegungen zur Finanzierung von Kriegen gegen legitime
Regierungen verwendet werden weniger als 1% des weltweiten Handels
ausmachen. Tatsächlich können Fortschritte beobachtet werden, unter
anderem aufgrund der Bemühungen des Kimberleyprozesses, der darauf
abzielt, den Handel mit Konfliktdiamanten durch eine obligatorische
Zertifizierung einzudämmen. Die Diamantenindustrie wird auf Grund
dessen nicht müde, auf Kimberley zu verweisen.
Der Kimberleyprozess beschränkt sich allerdings nur auf die Frage
des Handels, die Produktion von Diamanten lässt er außen vor. So
erhalten auch Diamanten das Kimberley Zertifikat und somit die
Deklarierung "konfliktfrei", die unter massiven
Menschenrechtsverletzungen abgebaut wurden.
Darüber hinaus weist das Abkommen gravierende Mängel im Monitoring
und bei Mechanismen zur Rechenschaftspflicht auf.
"Die Diamantenindustrie sollte sich für Nachbesserung des Zertifizierungssystems einsetzten, das wäre ein angemessener Beitrag zur Aufpolierung ihres Images", so Anne Jung von medico international.
Quelle: Pressemitteilung medico international