Türkische Menschenrechtlerin Eren Keskin steht in Istanbul wegen "Tagesspiegel"-Interview vor Gericht
Archivmeldung vom 19.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie türkische Menschenrechtlerin Eren Keskin steht ab Donnerstag in Istanbul vor Gericht, weil sie in einem Interview des "Tagesspiegel" im Juni 2006 den Einfluss des Militärs auf die Politik Ankaras kritisiert hatte. Das berichtet die Zeitung in ihrer Donnerstagausgabe.
Dem Bericht zufolge wurde das Verfahren gegen die Rechtsanwältin aus Istanbul durch eine Strafanzeige vom Generalstab der türkischen Armee ausgelöst. Wegen der Äußerungen der Menschenrechtlerin im "Tagesspiegel" fordert die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren eine bis zu zweijährige Haftstrafe. Eren Keskin hatte in dem Interview die Ansicht vertreten, dass die Politik der Türkei vom Militär bestimmt werde und dass keine türkische Zivilregierung ihr Programm gegen die Generäle durchsetzen könne. Die Anklage beruft sich auf den umstrittenen Strafrechtsartikel 301, der die "Verunglimpfung" des Türkentums, der Türkei und ihrer Institutionen unter Strafe stellt.
Die EU hat Ankara schon mehrfach aufgefordert, den Artikel 301 zu ändern. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte der Zeitung, Reformen im Bereich der Meinungsfreiheit seien in der Türkei "mehr als überfällig". Der umstrittene Artikel 301 müsse so geändert werden, dass er Staatsanwälte und Richter in der Türkei künftig zu einer strikten Beachtung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichte.
Quelle: Der Tagesspiegel