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DIW-Konjunkturchef fordert Lockerung des Spardrucks in Euro-Krisenländern

Archivmeldung vom 10.05.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, hat die Bundesregierung davor gewarnt, den Bogen im Umgang mit den Krisenländern zu überspannen. Fichtner sprach sich stattdessen dafür aus, den Spardruck auf klamme Euro-Staaten wie Griechenland zu lockern: "Ein sozialer Ausgleich und gegebenenfalls eine maßvollere Konsolidierung der Staatsfinanzen könnte in diesem Sinne tatsächlich die langfristig bessere Lösung sein", sagte der DIW-Ökonom "Handelsblatt-Online". "Dabei muss aber klar sein: An einem Strukturwandel zulasten der in der Vergangenheit mit Krediten künstlich aufgeblähten Sektoren werden die Krisenländer nicht vorbeikommen."

So seien klassische Konjunkturprogramme zur Schaffung einer künstlichen Nachfrage nach Produkten, die ansonsten keiner haben wolle, in einer solchen Situation "das falscheste Rezept", unterstrich Fichtner. "Das weiß man aber auch in Paris, Madrid oder Rom, selbst wenn dies in den jüngsten politischen Entwicklungen nicht unbedingt deutlich wird."

Fichtner äußerte Verständnis für die teils harschen Reaktionen der Krisenländer an der strikten Sparhaltung Deutschlands. "Im Grunde ist es doch nachvollziehbar, dass die Regierungen in den Krisenländern den schwarzen Peter lieber der deutschen Bundesregierung zuschieben als selbst den Kopf hinzuhalten für die ohne Zweifel ungünstigen realwirtschaftlichen Entwicklungen in Folge der Sparbemühungen", sagte er. "Die deutsche Bundesregierung muss aufpassen, nicht noch weiter in die Ecke des Buhmanns in Europa gestellt zu werden." Fichtner hält die Forderung nach Sparbemühungen zwar weiterhin für berechtigt. Doch wäre es aus seiner Sicht ein Fehler, die sozialen und politischen Folgen der sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Entwicklung zu ignorieren. "Dass ein unbedingtes Pochen auf die Sparprogramme ohne Berücksichtigung der politischen und sozialen Folgen auch nicht die Lösung sein kann, zeigt doch gerade das Beispiel Griechenland", gab der DIW-Experte zu bedenken. "Die Radikalisierung der Bevölkerung und nunmehr auch der im Parlament vertretenen Parteien dürfte die Refinanzierung der griechischen Regierung über die Kapitalmärkte ausgesprochen erschweren." Griechenland werde also auch trotz oder sogar wegen der Sparanstrengungen bis auf weiteres am Tropf der Rettungsschirme hängen.

Steinbrück erwartet Kursänderung der Bundesregierung bei europäischen Finanzen

Nach den Wahlen in Griechenland und Frankreich erwartet der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück eine Kursänderung der Bundesregierung. "Nach dem `Merkelschen Gesetz` macht die Bundeskanzlerin immer das, was sie ein halbes Jahr zuvor noch vehement abgelehnt hat", sagte Steinbrück dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Am Ende werde Merkels Unterstützung für einen Wachstumsimpuls stehen, "schon weil der Druck aus Europa massiv ist, aber auch weil es sachlich richtig ist", so Steinbrück.

Den Wahlausgang in Griechenland nannte Steinbrück "beunruhigend" und warnte vor negativen Auswirkungen auf die ganze Euro-Zone. Es sei ein Widerspruch, wenn die Bürger diejenigen abwählten, die sie für den Konsolidierungskurs verantwortlich machten, und zugleich den Euro behalten wollten. " Wenn die Griechen in der Euro-Zone bleiben wollen, werden sie um Reformen und Anpassungen nicht herumkommen. Dann aber Parteien zu wählen, die vorgeben, ihnen alle Härten zu ersparen, ist irritierend", so Steinbrück.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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