EU stellt Rumänien unter Aufsicht
Archivmeldung vom 17.07.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Europäische Kommission sieht die Rechtsstaatlichkeit in Rumänien ernsthaft gefährdet und will das Land deshalb stärker als bisher bei der Umsetzung geforderter Reformen überwachen. Das geht aus dem Entwurf des "Fortschrittsberichts Rumänien" hervor, den die Europäische Kommission am Mittwoch offiziell dem Europäischen Parlament und den 27 europäischen Staaten übergeben will. Er liegt der "Süddeutschen Zeitung" vor.
Die jüngsten politischen Turbulenzen in Bukarest hätten "Bedenken verstärkt", dass Rumänien sein Staatswesen wirklich "unumkehrbar und nachhaltig" reformiere, heißt es darin. Der Glaube der europäischen Partner an Rumänien könne "nur zurückgewonnen werden durch den Beweis, dass Recht über Parteiinteressen stehe, durch volle Anerkennung von Rechtsstaatlichkeit und unumkehrbare Reformen." Damit stellt die Europäische Kommission dem Land fünf Jahre nach seinem Beitritt zur Europäischen Union ein verheerendes Zeugnis aus. Weil der Beitritt bereits 2007 umstritten war, wurde damals vereinbart, für Rumänien - und Bulgarien - jährlich einen Bericht zu verfassen, im dem dokumentiert wird, wie die noch von Korruption und Vetternwirtschaft durchsetzten Länder demokratische Standards umsetzen.
Ein hoher EU-Beamter räumte am Dienstag ein, dass die diesjährige Beurteilung "im Lichte der Ereignisse der vergangenen Wochen" erfolgt sei. Rumäniens Premierminister Victor Ponta hatte mittels umstrittener Notgesetze erfolgreich ein Amtsenthebungsverfahren gegen den amtierenden Präsidenten Traian Basescu eingeleitet. Dabei hatte Ponta per Eilverordnung verfügt, dass künftig das Verfassungsgericht die Beschlüsse des Parlaments nicht mehr beurteilen dürfe. Dieses Vorgehen war in Europa heftig kritisiert worden. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte Ponta nach Brüssel einbestellt und aufgefordert, die Beschlüsse rückgängig zu machen. In ihrem Bericht baut die Kommission diese Forderungen weiter aus: Auf drei Seiten listet die Behörde auf, welche Reformen Rumänien bis Ende des Jahres zu erledigen hat. Einige der am heftigsten kritisierten Maßnahmen der letzten Wochen sollen rückgängig gemacht, die Zuständigkeit für das Amtsblatt und damit auch die manipulativ genutzte Befugnis über den Zeitpunkt der Veröffentlichung von Gesetzen wieder ans Parlament gegeben und ein parteiübergreifend akzeptierter Volksanwalt zur Korruptionsbekämpfung eingesetzt werden. Die Positionen des Generalstaatsanwalts und des Chefs der Anti-Korruptionsbehörde sollen transparent vergeben werden.
Den größten Nachholbedarf sehen die Brüsseler Beamten allerdings im Bereich der Justiz. Das Rechtssystems müsse "durch die Aufstellung und Umsetzung eines umfassenden Reformkonzepts" grundlegend erneuert werden, heißt es. Dazu zählen die Neuordnung der Gerichte und der Staatsanwaltschaften sowie verbindliche Maßnahmen zu einer Minderung der Arbeitsbelastung. Rumänien hat bis Ende des Jahres Zeit, die Auflagen umzusetzen. Die Kommission wird dies durch "regelmäßige Missionen" vor Ort überprüfen und im Dezember einen neuen Bericht vorlegen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur