"Ein großer Schritt": Verbraucherschützer begrüßen EU-Beschluss zur europäischen Sammelklage
Archivmeldung vom 27.11.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDas EU-Parlament hat europaweite Sammelklagen ab 2023 beschlossen. Dadurch soll es für Verbraucher in Europa zukünftig deutlich leichter werden, ihre Rechte gegen übermächtige Konzerne durchzusetzen. Rechtsanwalt Florian S. O. Rosing von der BRR Verbraucherkanzlei Baumeister Rosing begrüßt die Entscheidung des Europaparlaments.
"Die EU-Sammelklage ist ein großer Schritt, der nach dem Dieselskandal längst überfällig war", so Rosing. "Verbraucher können ihre Kräfte nun europaweit bündeln und gemeinsam gegen große Unternehmen vorgehen. Das ist von besonderer Bedeutung bei Firmen, die ihren Sitz nicht im Heimatland des oder der Geschädigten haben. Bestimmte Institutionen wie Verbraucherverbände können stellvertretend für die Verbraucher gegen Unternehmen vorgehen."
Dies betreffe laut Rosing nicht nur den Abgasskandal, der längst noch nicht vollständig aufgearbeitet ist. "Wir sprechen hier von alltäglichen Betrügereien durch Unternehmen, wie etwa bei Strompreisen, Telefon- oder Bankgebühren, beim Datenschutz, bei Finanzdienstleistungen, Versicherungen oder bei gestrichenen Flügen. Hier kommen bisher noch viel zu viele Unternehmen immer wieder ungeschoren davon."
Für deutsche Kläger ändere sich auch einiges: "In Deutschland gab es bisher die Musterfeststellungsklage. Beim Dieselskandal mussten Verbraucher, die sich mit dem geringen Vergleichsangebot von VW nicht zufriedengeben wollten, bisher in die Einzelklage gehen. Die EU-Sammelklage geht jetzt noch einen Schritt weiter. Straffere Verfahren und die automatische Erfassung von allen Betroffenen sollen Klagen beschleunigen, sodass die geschädigten Verbraucher nicht jahrelang auf Entschädigungszahlungen warten müssen."
Die Befürchtung, dass Europa eine ähnliche Klageindustrie wie in den USA bekommt, teilt Rosing nicht: "Um dem entgegenzuwirken, hat die EU strenge Regeln aufgestellt. So muss die Partei, die den Prozess verliert, auch die Gerichtskosten übernehmen. Zudem sollen Gerichte und Behörden schon sehr früh entscheiden dürfen, offensichtlich unbegründete Klagen fallen zu lassen."
Ein Problem sieht der Anwalt dennoch: "Die EU-Mitgliedstaaten sollen innerhalb ihrer Landesgrenzen selbst über die Art der Umsetzung der Richtlinien zur Erhebung einer Klage entscheiden können. Hier besteht durchaus die Möglichkeit des Missbrauchs. Geschädigte Verbraucher könnten dazu verleitet werden, in einem Nachbarstaat Klage zu erheben, da dort möglicherweise mildere Voraussetzungen zur Erhebung der Klage gegeben sind."
Quelle: BRR Baumeister Rosing Rechtsanwälte (ots)