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Vorratsdatenspeicherung: Papier kritisiert Regierung

Archivmeldung vom 04.05.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Hans-Jürgen Papier Bild: Michael Panse
Hans-Jürgen Papier Bild: Michael Panse

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat die Bundesregierung für Ihre Untätigkeit bei der Vorratsdatenspeicherung scharf kritisiert. "Ein Konfliktfall dieses Ausmaßes dürfte nach den rechtlichen Rahmenbedingungen und den juristischen Gegebenheiten überhaupt nicht existieren", sagte Papier im Interview mit dem "Handelsblatt".

Der Staatsrechtler betonte dabei, dass das EU-Recht zwingend eine Umsetzung der existierenden Richtlinie vorsehe. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht "präzise und dezidierte Vorgaben" mit Blick auf deutsches Recht gemacht. "Der deutsche Gesetzgeber ist im Verzug", rügte Papier.

Als Präsident des Bundesverfassungsgerichts hatte Papier im März 2010 die bestehenden Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt. Auch unter Verweis auf die aktuelle Überarbeitung der EU-Richtlinie mit der nationalen Gesetzgebung abzuwarten, hält Papier für untauglich: "Der Hinweis ist politisch erklärbar, aber juristisch nicht behelflich." Er erwarte nicht, dass die EU-Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung ersatzlos entfalle. "Es ist eher denkbar, dass Brüssel in einer überarbeiteten Richtlinie weitere Eingrenzungen vornimmt und dabei Vorgaben regelt, die auch das Bundesverfassungsgericht seinerzeit formuliert hat - etwa in Bezug auf eine höhere Sicherheit der gespeicherten Daten", sagte Papier.

Nach seiner Einschätzung haben die zuständigen Bundesminister, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) keinen großen Spielraum bei der Neuregelung. "Wir bewegen uns ja nicht mehr auf der grünen Wiese", betonte der ehemalige Verfassungsrichter. Das von der Justizministerin vorgeschlagene Quick-Freeze-Verfahren, bei dem Daten erst bei Verdacht einer Straftat "eingefroren" werden, entspricht laut Papier nicht der EU-Richtlinie. "Darum dürfte es eigentlich gar keinen Streit darüber geben", erklärte der ehemalige Verfassungsrichter.

Zugleich kritisierte er auch Bundestag und Bundesrat für ihre Untätigkeit. Nach der Geschäftsordnung des Bundestages könne jede Fraktion oder ein Fünftel der Mitglieder einen Gesetzesentwurf einbringen. "Hier gibt es auch Versäumnisse der Parlamentarier", sagte Papier. Auch der Bundesrat könne ein Gesetzgebungsverfahren einleiten. "Es kann sich also keiner rausreden", so Papier weiter.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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