EU-Kommission: Wohlhabende Staaten müssen solidarischer sein
Archivmeldung vom 01.07.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtAngesichts der dramatisch hohen Jugendarbeitslosigkeit in Teilen der Europäischen Union ruft die EU-Kommission Unternehmen und Bürger in wohlhabenderen Mitgliedstaaten zur Solidarität auf. "Europa hilft, aber was können Bürger und Unternehmen tun, um Europa zu helfen?", sagte Vizepräsidentin Viviane Reding der "Welt am Sonntag".
"Wäre es nicht denkbar, dass Europäer in den Staaten, denen es wirtschaftlich besser geht, eine Solidaritätspatenschaft für junge Arbeitslose in den wirtschaftlich angeschlagenen Staaten übernehmen?" Das könne so aussehen, "dass man junge Arbeitslose bei Praktika, Sprachkursen oder anderen Fortbildungen im EU-Ausland unterstützt", sagte die EU-Kommissarin aus Luxemburg. Dies sei kein Almosen, sondern für Firmen eine Investition in die Zukunft. "Ein solches solidarisches Engagement kann sich für Unternehmer lohnen. Das sind keine Kosten, sondern wertvolle Investitionen, die angesichts sinkender Geburtenraten und wachsenden Fachkräftemangels Europa aus der Krise helfen können."
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger forderte die deutsche Wirtschaft ebenfalls zum Handeln auf. Sie solle mithelfen, das Erfolgsmodell der dualen Berufsausbildung im Betrieb und in der Berufsschule auch in anderen Ländern umzusetzen. "Unser duales Ausbildungssystem mit großer Praxisnähe kann auch für andere europäische Länder ein sinnvoller Weg sein", sagte Oettinger der "Welt am Sonntag" - und nannte konkrete Namen, von denen er sich Engagement erwartet. "Gerade deutsche Unternehmen, die in vielen europäischen Mitgliedsländern vertreten sind wie VW, Daimler, Siemens, BASF, Bayer und andere, können mit ihren Produktionsstätten vorangehen."
Der EU-Gipfel hatte am Freitag eine "Jugendgarantie" beschlossen, die junge Europäer schneller in Arbeit bringen soll. Reding lobte den Beschluss, der am 3. Juli auf einer Konferenz der EU-Arbeitsminister in Berlin mit Leben gefüllt werden soll. "Wichtig ist jetzt, dass die Regierungen uns jetzt zügig konkrete Vorschläge unterbreiten", forderte Reding. "Arbeitslosigkeit ist die größte Sorge der Bürger: EU-weit gilt das für jeden Zweiten. Deshalb muss der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit die oberste Priorität Europas sein", sagte die Vizepräsidentin der Kommission der "Welt am Sonntag".
Bundesregierung setzt Euro-Südländer unter Druck
Im Streit um den künftigen Kurs in der Euro-Staatsschuldenkrise weist die Bundesregierung den Wunsch südeuropäischer Krisenländer zurück, sie durch eine stärkere Förderung des Wachstums zu unterstützen, und drängt stattdessen auf unverminderte Spar- und Reformanstrengungen. In einer internen Vorlage des Bundesfinanzministeriums heißt es laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel": "Die schwache wirtschaftliche Lage in der Euro-Zone ist kein Grund, von der Doppelstrategie nachhaltiger fiskalischer Konsolidierung, kombiniert mit Strukturreformen abzuweichen." Der bisherige Kurs sei erfolgreich. Die andauernde Wachstumsschwäche sei "Ausdruck des tiefgreifenden Anpassungsprozesses, den die Euro-Zone momentan durchläuft und keineswegs monokausal auf die Haushaltskonsolidierung zurückzuführen".
Die Beamten von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnten in dem Papier eindringlich davor, jetzt "den notwendigen Anpassungsprozess" zu bremsen. Der portugiesische Wirtschaftsminister Alvaro Santos Pereira drängt dagegen auf neue Impulse im Krisenmanagement. "Europa muss zu Wachstum zurückfinden, Vertrauen schaffen, um Konsum und Investitionen anzukurbeln." Zwar sei ohne solide Staatsfinanzen kein Wachstum möglich. "Aber ohne Wachstum ist es auch kaum möglich, den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen."
Der spanische Wirtschaftsstaatssekretär Fernando Jiménez Latorre sagte: "Wir brauchen die Mitwirkung Europas, um die Krise zu überwinden." Unterstützung bekommen die Südeuropäer vom deutschen Chef des Brüsseler Forschungsinstitutes Bruegel. Mindestens 60 Milliarden Euro müssten mobilisiert werden, um die Wachstumsschwäche in Europa zu überwinden.
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger wies derartige Forderungen zurück. Die EU mache auch in diesem Jahr knapp 500 Milliarden Euro neue Schulden. "Sollen wir jetzt 800 oder 1.000 Milliarden Euro Schulden machen", fragte er.
Quelle: dts Nachrichtenagentur