Generalbundesanwalt will härter gegen IS-Frauen vorgehen
Archivmeldung vom 14.12.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie Bundesanwaltschaft will härter gegen Frauen vorgehen, die sich der Terrormiliz des sogenannten Islamischen Staates angeschlossen haben - auch wenn sie nicht gekämpft haben. "Wir sind der Meinung, dass sich auch bei diesen Frauen die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation bejahen lässt", sagte der Generalbundesanwalt, Peter Frank, der "Süddeutschen Zeitung", dem NDR und dem SWR. Entscheiden müsse dies nun der Bundesgerichtshof.
Der Grund für diesen Vorstoß liegt darin, dass im ehemaligen IS-Gebiet im Irak immer mehr Frauen festgenommen werden, etliche sind noch minderjährig. Sie sitzen in irakischen Haftanstalten und Verhörzentren ein. Allein vier Frauen mit deutschem Bezug sitzen in Bagdad in Haft und sind dort inzwischen von Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) vernommen worden. Unter ihnen ist auch die heute 17 Jahre alte Linda W. aus Sachsen. Sie hat sich im Sommer 2016 dem IS angeschlossen und hat zeitweise in Syrien und im Irak gelebt.
Zwar ermittelt der Generalbundesanwalt gegen Linda W. und weitere Frauen wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Doch wäre es im Fall ihrer Ausreise oder Auslieferung nach Deutschland kaum möglich, ihnen den Prozess zu machen. Denn nach bisheriger Meinung der Gerichte machten sich die Frauen mit ihrer bloßen Anwesenheit beim IS - anders als die Männer, die einen Treueschwur leisteten und zumeist kämpften - nicht der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung strafbar. Linda W. zum Beispiel beteuert, sie habe nie eine Waffe berührt und sich nur um den Haushalt sowie die Kinder anderer Frauen gekümmert. In der Bundesregierung wächst allerdings seit einiger Zeit das Unbehagen.
Nach Ansicht von Sicherheitsexperten ist es schwer zu erklären, dass IS-Anhängerinnen nach Deutschland zurückkehren, keine Strafverfolgung fürchten müssen. Nun probiert die Bundesanwaltschaft eine neue Argumentation aus: Demnach soll es bereits eine terroristische Straftat sein, wenn jemand zum "Staatsvolk" des IS gehört hat. Frauen, die in das Herrschaftsgebiet des Islamischen Staates ausgereist seien, dort lebten und vielleicht einen Kämpfer geheiratet, Kinder bekommen und diese im Sinne der Ideologie des IS erzogen hätten, stärkten nach Ansicht des Generalbundesanwaltes die Terrororganisation von innen.
Nach Informationen von SZ, NDR und SWR sind die Karlsruher Ankläger mit ihrer neuen Argumentation unlängst beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes gescheitert. Dieser weigerte sich, einen Haftbefehl gegen eine im nordirakischen Erbil einsitzende deutsche IS-Anhängerin zu erlassen. Inzwischen wurde gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt, der Generalbundesanwalt hofft, sich mit seiner neuen, härteren Linie doch noch durchzusetzen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur