Europaparlament-Fraktionschef Schulz: Türkei muss begreifen, dass sie der EU und nicht die EU der Türkei beitreten will"
Archivmeldung vom 12.12.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer Vorsitzende der sozialistischen Fraktion im Europa-Parlament, der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz, hat die Türkei aufgefordert zu begreifen, "dass sie der EU beitreten will und nicht die EU der Türkei".
In einem Interview mit der "Leipziger
Volkszeitung" (Dienstag-Ausgabe) meinte Schulz: "Der Prozess der
Heranführung wird viele, viele Jahre dauern. Weder wäre die Türkei
heute beitrittsfähig, noch ist die EU zum heutigen Zeitpunkt
aufnahmefähig." Nicht nur die Türkei, auch die EU müsse "sich
gewaltig reformieren", mahnte Schulz. "Ohne Verfassungsreformen keine
Erweiterung."
Zugleich attackierte der Sozialdemokrat scharf das Lavieren der
Bundeskanzlerin und designierten EU-Ratspräsidentin Angela Merkel in
der Türkei-Frage. "Damit kann sie weder den Stoiber-Flügel politisch
zufrieden stellen noch die vereinbarte Regierungslinie glaubwürdig
vertreten. Wolfgang Schäuble hat Frau Merkel ins Stammbuch
geschrieben, sie ist nicht nur die CDU-Chefin, sondern auch die
Bundeskanzlerin, die darauf zu achten hat, dass Deutschland als
größtes EU-Mitgliedsland seinen internationalen Verpflichtungen
gerecht wird. Wolfgang Schäuble zeigt zurzeit ein höheres Maß an
Verantwortungsbewusstsein als die Kanzlerin", so Schulz.
Er wies darauf hin, dass die Haltung der deutschen Regierung
eigentlich eindeutig sei. "Die Beitrittsverhandlungen sind
aufgenommen worden. Ziel ist die EU-Vollmitgliedschaft der Türkei.
Kein verantwortlicher Politiker darf dabei nach den Meinungsumfragen
schauen." Wenn Frau Merkel "das Risiko in Kauf nimmt, auf
kurzfristigen taktischen Erfolg mit Blick auf Meinungsumfragen zu
setzen, müsste man sagen: Sie ist ihrem Amt nicht gewachsen."
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung