Troika: Reformbemühungen in Griechenland reichen nicht aus
Archivmeldung vom 08.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission hält die griechischen Reformbemühungen nicht für ausreichend. "Es ist offensichtlich, dass das Programm nicht aufgeht, wenn die Behörden nicht den Weg nehmen, der viel strengere Strukturreformen bedeutet als die, die wir bisher gesehen haben", sagte der Leiter der IWF-Delegation in Athen, Poul Mathias Thomsen, kurz vor dem Ende der aktuellen Prüfmission in Athen der "Welt am Sonntag".
Es reiche nicht, Gesetze zu machen, deren Umsetzung zu viel Zeit braucht. Es fehlten die richtigen Strukturen, zum Beispiel in der Steuerverwaltung. Die Vertreter von IWF, EU und der Europäischen Zentralbank arbeiten an einem Bericht über die griechischen Reformbemühungen. Von ihrem Urteil hängt die Auszahlung weiterer Hilfskredite ab.
Griechischer Gewerkschaftschef greift Troika an
Der Chef der größten griechischen Gewerkschaftsorganisation, Giannis Panagopoulos, hat die Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank scharf angegriffen und gleichzeitig die Massenstreiks im Land verteidigt. Die Vorgaben der Troika zur wirtschaftlichen Gesundung seien "total ungerecht" und übereilt, sagte Panagopoulos dem Nachrichtenmagazin "Focus". Löhne und Renten würden gekürzt, die Reichen aber nicht besteuert. Damit würden die sozialen Strukturen zerstört. Seinen Angaben zufolge gibt es in Griechenland 100.000 Haushalte, die keinen einzigen Euro zur Verfügung haben, wo Mann, Frau und Kinder arbeitslos sind und keinerlei soziale Hilfen bekommen.
"Keiner bestreitet die Notwendigkeit von Kürzungen, aber sie müssen alle Bevölkerungsgruppen betreffen", so der Chef der Föderation griechischer Arbeiter (GSEE), die 450.000 Mitglieder hat. Die Steuerflucht müsse endlich beendet werden und die Produktionsbasis wiederaufgebaut werden. Allerdings sei es unmöglich, die "völlig entgleiste griechische Wirtschaft" innerhalb von vier Jahren wieder aufzurichten. "Die Fehler vergangener Regierungen sollen nun mit Gewalt beseitigt werden." Die Arbeitsniederlegung sei das einzige Gegenmittel, um der Regierung zu zeigen, dass es so nicht weitergehe, rechtfertigte der frühere Mitarbeiter der Nationalbank den jüngsten Generalstreik. Sie sei ein Ventil für die Wut, die in der Bevölkerung herrsche. "Anders kann man die Menschen nicht mehr ruhig halten", sagte Panagopoulos. Sonst drohten noch mehr Chaos und regelrechte Volksaufstände. "Denn die Regierung würde noch rigorosere Einschnitte vornehmen und den sozialen Verfall noch weiter vorantreiben. Ohne unsere Gegenwehr gäbe es keine Tarifverträge mehr."
Der Gewerkschafter wehrte sich in "Focus" dagegen, den Griechen Faulheit vorzuwerfen, wie das Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Monaten indirekt getan hatte. Seine Landsleute arbeiteten pro Woche mehr Stunden als die Deutschen, hätten weniger Urlaubs- und Feiertage. Aber in einem Punkt habe Merkel recht: "Die Griechen sind gemessen am Output unproduktiv." Allerdings könne es keine Produktivität geben, wenn nur alte Technologien eingesetzt würden und nicht mehr in neue Anlagen investiert werde. "Da hat auch das Kapital seine Pflichten."
CDU-Vize Röttgen gegen Rauswurf Griechenlands aus Währungsunion
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Norbert Röttgen hat sich gegen einen Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone ausgesprochen. "Wir müssen Griechenland in der Währungsunion halten und ihm langfristig wieder auf die Beine helfen", sagte Röttgen dem "Tagesspiegel". "Alles andere wäre um ein Vielfaches teurer und ein Rückschlag für den europäischen Einigungsprozess", so der Umweltminister.
Quelle: dts Nachrichtenagentur