Ökonom Dallara warnt vor Zerfall Europas
Archivmeldung vom 27.06.2012
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtNach Ansicht des Direktors des Institute of International Finance, des globalen Bankenverbands, Charles Dallara, steht in diesen Tagen "nicht nur die Zukunft des Euros auf dem Spiel", sondern auch "die Zukunft Europas". Der "Zeit" sagte der Banker, das EU-Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel sei "vielleicht das wichtigste seit Gründung der EU. Es geht darum, das Vertrauen von langfristig orientierten Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen zurückzugewinnen - und ich fürchte, dass sie sich nur durch umfassende Lösungen überzeugen lassen werden."
Der Amerikaner Dallara sprach sich für ein Zusammenwachsen in der Finanzpolitik aus: "Genau das ist das Problem in Europa: Für alle gemeinsam sind die Schulden tragbar, einzelne Staaten sind damit überfordert. Deshalb argumentieren viele von uns, dass eine Vergemeinschaftung der Finanzpolitik sinnvoll ist."
Nach seiner Einschätzung waren die Auflagen für das überschuldete Griechenland zu hart: "Der Wunsch nach Haushaltsdisziplin war so stark, dass man das Land gezwungen hat, den Gürtel enger und enger zu schnallen. Das ist emotional nachvollziehbar, aber ökonomisch falsch. Wenn man einem Schiff immer mehr Wind aus dem Segel nimmt, bleibt es irgendwann stehen. Wir haben das in Griechenland gesehen, und wir sehen es jetzt in Spanien und Portugal. Die Europäer sollten den betroffenen Ländern etwas mehr Zeit für den Abbau der Defizite geben."
Eine Streckung der Budgetziele in Griechenland würde nach seiner Ansicht 20 Milliarden Euro kosten. "Verglichen mit den Summen, die bereits investiert wurden, ist das nicht viel. Aber das bedeutet nicht, dass es Hilfe ohne Auflagen geben sollte. Im Gegenteil: Bei den Strukturreformen ist mehr Tempo nötig", sagte er.
Quelle: dts Nachrichtenagentur