Berliner Morgenpost: Kommentar - Flugzeugabsturz
Archivmeldung vom 25.07.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin Ultraleichtflugzeug trickst alle Radarschirme aus, fliegt ins deutsche Regierungsviertel und stürzt auf die Wiese vor dem Berliner Reichstag. Was wie ein billiger Plot aus einem Terror-Roman klingt, ist am Freitag abend leider Wirklichkeit geworden.
Wenn es der Todespilot, der offenbar in Selbstmordabsicht
handelte, gewollt hätte, hätte er sogar einen noch effektvolleren
Abgang wählen können: Dann wäre er in die Kuppel des Reichstages
gerast, die zu diesem Zeitpunkt noch von zahlreichen Touristen
besucht war. Nicht auszudenken. Die Bruchlandung hat schwere
Sicherheitsmängel in der deutschen Hauptstadt offenbart. Wenn eine
kleine Sportmaschine einfach so und ungestört über die Stadt fliegen
und ins Regierungsviertel eindringen kann, ist dies wie eine
Bedienungsanleitung für den internationalen Terrorismus. Kein
Abfangjäger wurde zum Einsatz gebracht, keine Sicherheitsbehörde, ja
auch die Berliner Polizei bemerkte etwas von dem Flug in den Tod. Das
zeigt zumindest, daß nach den Anschlägen von New York, Madrid, London
und in Ägypten noch deutlich sichtbare Lücken im Sicherheitsnetz der
deutschen Hauptstadt bestehen. Mit letzter Sicherheit kann man einen
solchen Anschlag natürlich nicht verhindern. Aber man muß es den
potentiellen Attentätern so schwer wie möglich machen. Und gerade da
hapert es erheblich. Ein vollständiges Flugverbot für Berlin wäre
allerdings die falsche Reaktion. Es wäre bei den innerstädtischen
Airports auch gar nicht durchführbar. Es würde darüber hinaus auch
nichts am Problem ändern, daß Flugzeuge ungestört in den Berliner
Flugraum eindringen können und nicht aufgehalten werden. Deshalb sind
zunächst zwei Schritte zu tun: Zum einen sollten Privatjets in der
Stadt und aus dem Umland noch viel stärkere Auflagen bekommen und es
ihnen generell untersagt werden, Berlin zu überfliegen. Zum zweiten
gehört ein Jagdgeschwader zur Luftraumüberwachung oder eine
Hubschrauberstaffel in die Hauptstadt oder in die unmittelbare Nähe.
Es macht wenig Sinn, wenn die Abfangjäger Hunderte von Kilometer von
Berlin entfernt stationiert sind und somit offenbar gar nicht
rechtzeitig eingreifen können, wenn sich eine Bedrohung ergibt. Für
Berlin müssen gerade nach den jüngsten Anschlägen in europäischen
Großstädten viel schärfere Sicherheitsregeln gelten.
Quelle: Pressemitteilung Berliner Morgenpost