Ex-Siemens-Chef: Deutschland und Europa nicht bereit für Trump
Der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser sieht in der zweiten Amtszeit von Donald Trump eine ernsthafte Herausforderung für Deutschland und Europa. Die geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich unter Trump erheblich verändert, sagte er der RTL/ntv-Redaktion beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
"Ich denke, die Ära Trump 1.0 war gekennzeichnet durch sehr viel
Geräusche und wenig Signale und noch weniger Aktionen. Und man muss
annehmen, dass sich das jetzt geändert hat", so Kaeser, der
Aufsichtsratschef von Siemens Energy und Daimler Truck ist. Besonders
für Deutschland und Europa komme diese Entwicklung unvorbereitet: "Der
Bundeskanzler hat ja vor einigen Jahren die Zeitenwende ausgerufen.
Jetzt ist sie da, und zwar in einer Weise, die, glaube ich, vor allem
Deutschland und Europa sehr unvorbereitet trifft."
Der frühere
Siemens-Chef kritisierte zudem die fehlende wirtschaftspolitische
Geschlossenheit in Europa: "Idealerweise müsste man eine gemeinsame
europäische Außenwirtschaftspolitik haben und sie auch anwenden können.
Und das haben wir nicht." Dadurch werde es schwierig, Trump auf
Augenhöhe zu begegnen.
Auch mit Blick auf die deutsche Wirtschaft
äußerte sich Kaeser besorgt: "Helfen wird er uns wahrscheinlich wenig.
Ich glaube, die größte Hilfe, die der amerikanische Präsident uns geben
kann, ist eigentlich, dass wir den Ernst der Lage jetzt wirklich
erkennen." Deutsche Unternehmen müssten nun mit einer klaren Strategie
agieren: "Nachdenken, bevor man redet und dann mit einer klaren Position
der Stärke vor den amerikanischen Präsidenten treten. Weil wer schwach
ankommt, der hat schon verloren."
Zum Umgang mit Trump als
Verhandlungspartner sagte Kaeser: "Er ist halt eine Persönlichkeit, die
kennt nur Gewinner oder Verlierer. Aber diese Art, gemeinsam nach
Möglichkeiten einer stabilen Partnerschaft zu suchen, dass beide Seiten
was davon haben, das kommt in seiner Gedankenwelt nicht vor."
Auch
zum Klimaschutz äußerte sich Kaeser kritisch: "Man hört ja, wir müssen
die Energiepreise senken durch Subventionen und durch Gesetze.
Vielleicht könnte man die Energiekosten auch mal angucken, nicht die
Preise, sondern die Kosten - und diese Kosten senken."
Abschließend
forderte der Manager eine klare wirtschaftliche Vision für Deutschland:
"Wir haben leider aus verschiedenen Gründen drei Jahre verloren in
Deutschland", so der Manager. "Heutzutage brauchen wir, wie es immer so
schön heißt, ein Narrativ. Ich würde eher sagen eine Vision. Etwas, was
die Menschen begeistert, wo es sich lohnt, sich noch mal morgens
anzustrengen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur