Afghanistan-Experte Gul: NATO-Soldaten in Afghanistan wie Wilde
Archivmeldung vom 02.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKhazan Gul vom "Freundeskreis Afganistan-Schweiz" macht für die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan vor allem die Kriegsstrategie der NATO und ihrer Verbündeten verantwortlich.
Gul, ehemaliger Erziehungsminister der südafghanischen Provinz Kost, warf am Mittwochabend in der PHOENIX Runde den amerikanischen und anderen ausländischen Soldaten vor, "sehr viele Fehler zu machen", weil sie die afghanische Kultur nicht verstünden. "Die spielen Herren dort, deswegen wird der Krieg nicht aufhören" sagte Gul. Die Afghanen seien es nicht gewöhnt, Herren zu haben. Beispielsweise gingen ausländische Soldaten nachts in die Häuser und verletzten damit die Hausehre. "Das ist bei uns eine sehr große Sache, aber die verstehen das natürlich nicht." So würden bei den daraus entstehenden Gefechten oft ganze Familien getötet. "Am nächsten Tag bringen die Amerikaner die Leichen von Frauen, Kindern und Mädchen zur Regierung und sagen: 'Hier, das sind Taliban'", so Gul. Der ehemalige Minister kritisierte, dass die ausländischen Soldaten in Afghanistan offenbar keinen Gesetzen unterworfen seien: "Die sind Wilde in Afghanistan. Die laufen rum und machen alles, was sie wollen". Früher seien die Menschen in Afghanistan gegen die Taliban gewesen. Doch inzwischen erscheine ihnen die Talibanzeit im Vergleich besser als die aktuelle Situation. Für sie gelte die Regel "je mehr Soldaten da sind, desto mehr Unsicherheit", erklärte Gul in der PHOENIX-Sendung. Die Gelder für militärische Aktionen sollten besser zur Förderung der Landwirtschaft ausgegeben werden, forderte er. Würde die Landwirtschaft so ausgebaut, dass die Menschen in Afghanistan davon leben könnten, gebe es auch keinen Krieg mehr.
Quelle: PHOENIX